Salomonisch: Halbe Sachen in der Bildungspolitik
Ab 2018 sind die Hauptschulen Geschichte, hurra! Darauf haben sich SPÖ und ÖVP geeinigt. Klingt tatkräftig und ist wohl als Signal zum (oder besser: gegen das) Bildungsvolksbegehren von Hannes Androsch zu verstehen. Aber in Wahrheit leidet das heimische Bildungssystem nicht an zu wenig Reformen, sondern an halben. Zum Beispiel erzählen manche Experten hinter vorgehaltener Hand, dass die Ergebnisse der "neuen Mittelschule" der Leistungsgruppe zwei und drei der "alten" Hauptschulen entsprechen -, aber mit höheren Kosten. Aus Angst vor einer weiteren Nivellierung des Systems flüchten schon jetzt nicht nur obere, sondern auch mittlere Schichten in Privatschulen. Ein Trend, der bei einer tatsächlich flächendeckend eingeführten Gesamtschule, die wie die "neue Mittelschule" ausschaut, noch viel stärker wäre.
Die Abschaffung der Leistungsgruppen (samt Überforderung des Schultyps mit zu vielen Integrationsaufgaben) hat die Hauptschule in den Städten (nicht am Land) ruiniert. Dasselbe geschieht gerade bei der "neuen Mittelschule" - und wäre auch für die Gesamtschule zerstörerisch. Eine ernsthaft erneuerte Schule - das kann dann auch die Gesamtschule sein - müsste auf eine objektivierbare Überprüfung von Standards setzen, auf neue Unterrichtsmethoden, sinnvolle, fächerübergreifende Bildungsinhalte und auf bessere Pädagogenausbildung. An den Universitäten geschieht ähnlich Halbherziges. Sie haben auf dem Papier Autonomie, aber in Wirklichkeit kaum Gestaltungsspielraum. Nur in definierten Ausnahmefällen dürfen sie festlegen, wie viele Hörer sie aufnehmen. Natürlich können Unis auch nicht selbstständig entscheiden, ob und wie viel Studiengebühr sie einheben wollen. Wenn ihnen die Politik aber diese Möglichkeit bietet, dann zucken viele Rektoren erschrocken zurück. Gehört das vielleicht zum österreichischen Wesen? Schon Franz Grillparzer dichtete in seinem "Bruderzwist in Habsburg": "Das ist der Fluch von unserm edlen Haus: Auf halben Wegen und zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben." Früher hat man diesen Satz zumindest im Gymnasium gelernt.
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