Salomonisch: Eine Beziehungskiste

Salomonisch: Eine Beziehungskiste
Wer sich den Brüssel-Virus eingefangen hat, wird kaum mehr von der Partei zurückgeholt.
Martina Salomon

Martina Salomon

Eigentlich ist es ein Treppenwitz der Geschichte: Ein international geachteter EU-Abgeordneter soll es nicht schaffen, die zur Pimperlversammlung geschrumpfte Wiener ÖVP wenigstens in den zweistelligen Prozentbereich zurückzubringen? Nein, Othmar Karas darf/muss in Brüssel bleiben. Die Partei hat keine Lust, ihm einen Landesparteiposten anzubieten. Und schon gar kein Ministeramt, das er für seinen Gang nach Wien verlangt. Das ist durchaus bezeichnend für die Beziehungskiste zwischen heimischen Parteien und ihren EU-Abgeordneten. Wer sich den Brüssel-Virus eingefangen hat, wird kaum mehr zurückgeholt. Da kann er "draußen" noch so erfolgreich sein. Karas könnte demnächst einer der (14) Vizepräsidenten des Europaparlaments werden. Sein rotes Pendant, Hannes Swoboda, folgt möglicherweise im Jänner dem Deutschen Martin Schulz als Fraktionschef aller Sozialdemokraten im EU-Parlament nach. Dennoch hat auch er keinen leichten Stand bei seinem Parteichef Werner Faymann. In sicherer Entfernung von der Partei weicht man allerdings auch leichter von der Linie ab: Swoboda befürwortete vor Jahren einen NATO-Beitritt und war später gegen eine Volksabstimmung über einen EU-Beitritt der Türkei. Karas unterschrieb jetzt das Bildungsvolksbegehren. Da kann aus einem Querdenker dann irgendwann einmal ein Querulant werden. Zumindest aus Sicht der Parteikollegen. Und die restliche Liste von Schwarz und Rot? Eher blass. Weil ja niemand ins innenpolitische Geschäft zurückkehrt, sucht man auch keine Starken.

Skandinavische Länder ticken da anders. Die dänische Premierministerin war davor EU-Mandatarin, genauso wie der finnische Außenminister Alexander Stubb. Der bezeichnet sich übrigens selbst als "EU-Nerd". Witzig - und hierzulande undenkbar. Wobei die grassierende EU-Skepsis schon lange ein gesamteuropäisches Phänomen ist. Wie sonst ist es möglich, dass so schwache Figuren wie Herman van Rompuy und Catherine Ashton an die Spitze gelangten? Schaut ganz danach aus, dass die europäischen Länder nicht wirklich Macht an Brüssel abgeben wollen. Man entsendet Personal, das ohnehin keiner ernst nimmt und empört sich danach über die schwache EU. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Kommentare