Nachrichten aus der Stillstandsrepublik

Wie man Unternehmergeist tötet.
Martina Salomon

Martina Salomon

Manchmal haben ein österreichischer Spitzenbetrieb und eine Kaffeehausbesitzerin ähnliche Probleme: Man wirft aufgrund der immer komplizierteren Bestimmungen (inklusive unverhältnismäßiger Strafandrohungen) irgendwann einmal entnervt das Handtuch. Do & Co hat mit seiner Sub-Firma Henry am Zug 160.000 Euro im Jahr verdient und muss nun aufgrund wiederholter Arbeitszeitverstöße mit einer 1,3-Millionen-Euro-Strafe rechnen.

In Wien-Margareten wiederum könnte ein über 100 Jahre altes Kaffeehaus zusperren, weil es wegen fehlender Genehmigungen Verwaltungsstrafe zahlen muss. In der Wiener Bezirkszeitung erklärt ein Experte für Betriebsanlagenregelungen knochentrocken das Problem von Lesungen: "Es geht dabei meist um die Lärmentwicklung, etwa, wenn das gesamte Publikum gleichzeitig über eine vorgetragene Pointe lacht."

Klassenkämpfer

Aha. Wenn das so weitergeht, werden wir bald alle nichts mehr zu lachen haben. Hallo, es sind 440.000 Menschen arbeitslos, viele Firmen finden dennoch keine Mitarbeiter. "Na klar, weil die Jobs so mies sind", sagen die Klassenkämpfer. Mag sein, kann aber auch an den hohen Anreizen für Nicht-Arbeit liegen. Oder an den hohen Auflagen für Arbeitgeber. Wer lockert sie? Geschehen ist das Gegenteil – Steuern wurden erhöht, Abschreibungsmöglichkeiten verschlechtert, Krankenkassen schicken Firmen mit Nachzahlungen in Konkurs. Bei den Abgaben kennt die Kreativität keine Grenzen: Wer einen Videofilm zeigt oder ein Kostümfest veranstaltet, zahlt Vergnügungssteuer, für einen Schanigarten wird Gebrauchsabgabe verrechnet. "Umsonst ist nur der Tod, und der kost’s Leben": Nirgendwo sonst passt die Redewendung besser als in Wien. Wetten, dass heuer mehr Kleinunternehmer zusperren und weniger neu eröffnen als sonst? Man braucht nur mit offenen Augen durch die Stadt gehen: Da gibt es die seit zwei Jahren geschlossene Buchhandlung, aufgegebene Bankfilialen, das Knopfgeschäft, das vergeblich einen Nachfolger sucht. Natürlich spielt eine Rolle, dass die Leute bei Amazon bestellen, Bankgeschäfte digital erledigen und lieber eine neue Hose kaufen, als einen Knopf anzunähen.

Es macht keinen Spaß

Aber es könnte auch sein, dass Unternehmertum einfach keinen Spaß mehr macht. Zum Beispiel, weil die Finanz – Stichwort: Gegenfinanzierung der Steuerreform – Jagd auf jede Mini-Unregelmäßigkeit macht. Wo man als Selbstständiger doch ohnehin nie sicher ist, ob man nicht gerade wieder mit einem Fuß im Kriminal steht. Zu unübersichtlich sind die Regeln. Wer eine ähnlich akribische Fehlersuche bei Sozialmissbrauch fordert oder gar mehr Transparenz bei den Einkünften von Nichtregierungsorganisationen, wird als Unmensch verurteilt.

Bei Firmen hingegen kann es gar nicht streng genug sein. Aber braucht Österreich nicht motivierte, investitionsfreudige Unternehmerinnen und Unternehmer? Auch Integration wird nur mit ihrer Hilfe gelingen! Im EU-Vergleich liegt Österreich bei Firmengründungen im unteren Drittel. Kein Wunder, die Hürden sind hoch. Wer diese aber einmal geschafft hat, hat dann wenigstens einen längeren Atem als die Kollegen im restlichen EU-Raum. Wenigstens eine gute Nachricht aus der Stillstandsrepublik.

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