Liebe Bürger, wollt ihr Fahrradstraßen?
Wenn es um regionale Angelegenheiten geht, die das Volk direkt betreffen, lässt man es blöd sterben
Überflüssige Volksbefragungen, wohin das Auge reicht: Die Heeresreform ist eine klassische Aufgabe der Politik (wozu gab es eigentlich einst eine Reformkommission unter Leitung von Helmut Zilk?). Und niemand kann der Stadt Wien die Entscheidung abnehmen, ob sie genug Geld für die Bewerbung sowie für die (ohnehin ziemlich unwahrscheinliche) Durchführung der Olympischen Spiele am St. Nimmerleinstag hat. Wenn es hingegen um regionale Angelegenheiten geht, die das Volk direkt betreffen, lässt man es blöd sterben: egal, ob ein Kindergarten (in Wien-Währing) zur Schule umgewidmet , ein ursprünglich denkmalgeschütztes Gebäude abgerissen (Bösendorfer), ein Ute-Bock-Haus für Asylwerber eingerichtet oder die Parkpickerlzone bis zum Wienerwald ausgedehnt wird.
Es gäbe so vieles (Unbequemes), was man die Bürger tatsächlich fragen könnte. Beispiel Wiener U-Bahn: Wären Zugangssperren, die sich wie in New York oder London nur mit einem gültigen Fahrschein öffnen lassen, für Sicherheit und Sauberkeit nicht besser – abgesehen davon, dass sich dann Fahrscheinkontrollen erübrigen? Soll man in öffentlichen Verkehrsmitteln Gratiszeitungen fördern, die sich spätabends (und oft auch schon davor) zu Müllbergen sammeln, die vom Magistrat nur vor Gemeinderatswahlen ordentlich entsorgt werden?
Auch andere Verkehrsfragen eigenen sich ausgezeichnet für Bürgerbefragungen, etwa: „Wollt ihr im Straßenverkehr weniger Schilderwald?“ „Soll die Mariahilfer Straße zur Fußgängerzone werden?“ „Könnte (wie in etlichen anderen Staaten) bei roter Verkehrsampel das Rechtsabbiegen erlaubt werden?“ „Soll es eigene Fahrradstraßen in Wien geben?“ (Das ist ein Vorzeigeprojekt der Grünen – Autoverkehr wäre dort dann nur noch ausnahmsweise erlaubt.) Klar, die Gefahr ist hier besonders groß, dass nicht immer das von der Politik Gewünschte herauskommt. Doch durch unsinnige Fragestellungen wird direkte Demokratie zur glatten Volks-Verhöhnung.
Die Politik nimmt die Bürger nicht ernst, der KURIER schon: Am kommenden Montag diskutieren wir mit dem Chef der Wiener Linien über die U-Bahn-Probleme (18 Uhr, Centimeter, Wien-Währung)
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