Krankes Krisenrezept: Rollbalken runter

Martina Salomon

Martina Salomon

Lassen wir doch den Rollbalken runter!

von Dr. Martina Salomon

über Internationalität und Unternehmertum

Die Reaktionen auf die Essl-Schieflage lassen tief in die österreichische Seele blicken: Da taucht nicht nur eine erschreckende Kunst- und Wirtschaftsfeindlichkeit auf, sondern auch eine stärker werdende Sehnsucht nach Abschottung. Hätte die Familie Essl nicht die "Gier" getrieben, mit " bauMax" in den "Osten" zu expandieren, wäre nix passiert, sagen Kritiker.

Jetzt stimmt es natürlich, dass Essl, so wie einige andere auch, in Ost- und Mitteleuropa manches Risiko falsch eingeschätzt und nach der Finanzkrise 2008 viel Geld verloren hat. Extrembeispiel ist die Hypo Alpe-Adria, wo Kärntner und Bayern offenbar Kriminellen auf den Leim gegangen sind und – gemessen an der Kapitaldecke der Bank – gefährlich hohe Kredite vergeben haben, was nur dank (fataler) Landeshaftungen möglich war.

Ein verlockender Schluss aus den aktuellen Problemfällen lautet: Lassen wir doch den Rollbalken runter! Befeuert wird das sogar vom Kanzler. So meinte Werner Faymann vergangene Woche bei der Wiener SP-Klubtagung: Internationalisierung und Globalisierung bedeuten, dass Standards wie "ordentliches Trinkwasser, Steuersysteme, die Sozialsysteme finanzieren oder faire Löhne in Gefahr sind". So etwas bringt garantiert billigen Applaus, speziell für den Satz: "Aber wir wollen keine Gentechnik auf unseren Feldern und kein Lohndumping in den Betrieben."

Danke, Globalisierung

Ein Regierungschef könnte natürlich auch – verantwortungsvoll – ganz anderes verkünden: Dass Österreich unterm Strich nicht nur von EU-Mitgliedschaft und Osterweiterung nachweislich profitiert, sondern auch ein großer Gewinner der Globalisierung ist. Das hat die seriöse Bertelsmann-Stiftung erst jüngst nachgewiesen. Globalisierung bedeutet für uns höheres Wirtschaftswachstum und Einkommensgewinne.

Würden wir die starke internationale Verflechtung des Landes lösen, dann wäre das ein riesiger Rückschlag für die Exportnation Österreich, mehr noch: Selbstmord aus Dummheit. Wir haben unglaubliche 190 "Hidden Champions", also Firmen, die sich weltweit oder in Europa unter den ersten drei ihrer Branche befinden, etwa den Liftbauer Doppelmayr oder die Linzer voestalpine.

Wenn Internationalität, Risiko und Unternehmertum aber als Problem betrachtet werden, dann ist das irgendwann kein guter Boden mehr, auf dem die Wirtschaft wachsen kann. Und niemand soll behaupten, dass das den kleinen Mann/die kleine Frau nicht trifft: Das bedeutet tausendfachen Arbeitsplatzverlust und – wegen fehlenden Wettbewerbs – noch höhere Konsumentenpreise. Wollen wir das wirklich?

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