Jobprofil für die Politik: kantig, unerschrocken, integer
Natürlich ist es verlockend, die Politik satirisch zu betrachten. Das Ergebnis aber ist verheerend.
Seit Langem herrscht in Österreich eine diffuse Sehnsucht nach Veränderung des politischen Systems. Gleichzeitig ist es für Quereinsteiger fast unmöglich, neben dem sozialpartnerschaftlich und auch medial gut abgesicherten rot-schwarzen System dauerhaft beide Füße auf den Boden zu kriegen. (Ausnahme: das Justizressort.)
Die Häme, die sich nicht nur über den politisch gescheiterten Frank Stronach, sondern oft genug auch über andere Volksvertreter ergießt, ist daher durchaus zweischneidig. Natürlich ist es verlockend, die Politik vor allem satirisch zu betrachten. Damit lässt sich immer und überall ein billiger Punkt machen. Das Ergebnis aber ist verheerend: Es erzeugt gut geölte Redemaschinen ohne Ecken und Kanten. Irgendwann einmal ist die Politik nur mehr für eitle Flachwurzler interessant. Wer differenziert denkt (und eventuell sogar eine lose Zunge hat), tut sich das lieber nicht an.
Zu viel Macht ist ungesund
Dabei bräuchte Österreich gerade jetzt so dringend wie noch nie unpopulistische Volksvertreter, die auch mal einen Konflikt mit den Boulevard-Medien, den Lehrer-, Pensionisten- und Bauernvertretern sowie der aufgeregten Community in Twitterstan überleben.
Ein Stronach-Vorschlag ist in diesem Zusammenhang übrigens durchaus diskussionswürdig: Was wäre, wenn man die Amtsperiode von Spitzenpolitikern auf zwei Perioden beschränken würde? Barack Obama zeigt in den USA gerade vor, wie sogar ein schwacher Präsident zum Schluss – wenn er nichts mehr zu verlieren hat – doch noch Format bekommt.
Wer zu lange in einer Machtposition verharrt, hält sich irgendwann einmal für unfehlbar, sammelt nur mehr Claqueure um sich und spinnt sein Netzwerk immer enger.
Das führt so weit, dass es schließlich eine ganze Partei für Majestätsbeleidigung hält, aus der Regierung zu fallen – man erinnere sich an die hysterische Reaktion der SPÖ auf Schwarz-Blau. Wobei es atemberaubend war, mit welch schamloser Plumpheit einzelne Blau/Orange dann das System für sich ausnutzten, das sie so lange von jeglicher Beteiligung ferngehalten hatte.
Links ist Konsens
Die frustrierten Wähler, die (auch angesichts der starken Zuwanderung) auf Veränderung hoffen, wählen jetzt dennoch wieder Blau. Dabei stellt ihnen Heinz-Christian Strache gerade das Gegenteil in Aussicht: nämlich keine Veränderung, zumindest in Wien. So hat er eine Erklärung veröffentlicht, worin er den Mitarbeitern der Stadt und ihrer Betriebe Job-Garantien gibt. Weder bei Gemeindewohnungen, noch bei Betrieben werde es Privatisierungen geben, sollten die Blauen an die Macht kommen.
Wirklich überraschend ist das nicht. Bis auf die Ausländerfrage ist die FPÖ linkspopulistisch – wie übrigens fast alle der im Parlament vertretenen Parteien, weite Teile der ÖVP inklusive. Selbst die Neos schrecken vor echtem Wirtschaftsliberalismus zurück. Wer den Arbeiterkammer-abgesegneten Konsensweg verlässt, wird ja in diesem Land schnell als "neoliberal" und asozial ausgegrenzt.
Der Unternehmer und ehemalige steirische ÖVP-Politiker Herbert Paierl hat den Gesamtauftritt der Regierung im KURIER diese Woche als "besorgniserregend" bezeichnet. Dem ist leider nicht hinzuzufügen. Außer, dass der Zustand der Opposition nicht besser ist.
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