Die Mietwohnung wird zum Schauplatz für Klassenkampf

Martina Salomon

Martina Salomon

Nicht genug damit, gibt es bis zur Wien-Wahl noch allerlei Enteignungsvorschläge für Wohnungseigentümer.

von Dr. Martina Salomon

über Eigentum in Wien

Sollten Sie genügend Geld haben, um eine Wiener Altbauwohnung kaufen zu können: Tun Sie’s nicht, wenn Sie hoffen, hier mehr Ertrag zu haben als auf dem Sparbuch (also mehr als nichts). Es gibt wenig Aussicht auf Rendite. Die Mietpreise für den Altbau in Wien werden künstlich niedrig gehalten. Das steht längst in keinem Verhältnis mehr zum stark gestiegenen Kaufpreis in der Bundeshauptstadt. Die Richtwertmiete liegt in der Millionen-Metropole Wien – international völlig unüblich – am untersten Rand im Bundesländervergleich.

Nicht genug damit, gibt es bis zur Wien-Wahl noch allerlei Enteignungsvorschläge für Wohnungseigentümer (die ja oft nur ihre klaffende Pensionslücke mit einer Vorsorgewohnung schließen wollen). Der jüngste SPÖ-Vorschlag ist Klassenkampf pur. Hier soll eine Art Volksmiete festgelegt werden, die kaum beachtet, in welcher Lage sich ein Objekt befindet oder ob es um teures Geld renoviert ist. Wer aber Mieten willkürlich begrenzt, nimmt in Kauf, dass nicht mehr in Instandhaltung investiert wird und das "schwarze" Ablöse-Unwesen wieder aufblüht.

Allerdings gibt es im Rathaus noch versprengte Reste von Wirtschaftsverstand. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig verlangt für gemeindeeigene Immobilien – fast 100 Gründerzeithäuser abseits der Gemeindewohnungen – halbwegs marktübliche Preise. Er verteidigte das im KURIER damit, dass andernfalls die Bewirtschaftung der Häuser nicht kostendeckend sei. Für Private soll das nicht gelten?

Ungleichheit verfestigt

Mit der gegenwärtigen Politik wird jene Ungleichheit verfestigt, die man nachher anprangern kann: Es ist und war vor allem in Wien attraktiv, im Gemeinde- oder Genossenschaftsbau bzw. in einer seit dem Ersten Weltkrieg preisregulierten Hauptmietwohnung sitzen zu bleiben. Viel attraktiver jedenfalls, als sich eigenverantwortlich eine Wohnung zu kaufen, wo man selbst neue Fenster einbauen und die Therme ersetzen muss. In den meisten Ländern Europas leben mehr Familien im Eigentum als hierzulande. Das entspricht vor allem dem Lebensgefühl der Wiener (in Westösterreich ist das etwas anders), wonach Besitz verwerflich, Gewinnstreben unethisch, Industrie ausbeuterisch und Stiftungen verdächtig sind. Die Politik hat es uns lange genug eingeredet. Im Beisl lässt sich dann trefflich über Ungleichheit jammern. Dabei sind beinahe die Hälfte der Wiener Wohnungen Sozial- oder Gemeindewohnungen – dazu kommt noch Mietzinsbeihilfe für alle, die es brauchen.

Eine Immobilie zu erwerben wurde hierzulande erst angesichts niedrigster Zinsen interessant. Mittlerweile sind die Preise für neu gebaute Wohnungen aber so gestiegen, dass sie für Normalverdiener leider unleistbar geworden sind.

Wir sollten das Land trotzdem nicht "arm" reden. Die Österreicher geben zum Beispiel mehr als andere Europäer für Reisen aus. Es sei ihnen vergönnt. Aber hören wir auf, so zu tun, als wären nur jene reich, die sich aus eigenem versteuerten Geld Eigentum geschaffen oder (ja, auch) geerbt haben.

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Die Mietwohnung wird zum Schauplatz für Klassenkampf
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Streitschrift über die essensneurotische Gesellschaft. Martina Salomon enttarnt Mythen und beschreibt die Essensmoden der Panikgesellschaft. Leykam Streitschriften, 56 Seiten, € 7,50.

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