Das alte Rom lässt grüßen

Martina Salomon

Martina Salomon

Niemand braucht sich zu wundern, dass rechte Parteien im Vormarsch sind.

von Dr. Martina Salomon

über Europa am Scheideweg

Europa ist eine Wirtschaftsmacht. Es hätte großes Potenzial, es zu bleiben. Hier leben 500 Millionen großteils gut ausgebildete, produktive, kultivierte Menschen, die auf sozialen Ausgleich achten. Ein Vorbild für die Welt. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte ist: Wir befinde uns in einer Phase wie im alten Rom, am Ende eines Wohlstands-Zyklus. Das wirtschaftliche Wachstum verlagert sich in andere, weniger satte Länder. Die Leistungsbereitschaft sinkt, weil der Sozialstaat auch jene fördert, die es nicht unbedingt brauchen. Das macht bequem und die Steuerlast unnötig hoch. Was wiederum die Aussicht, sich durch eigene Kraft ein Vermögen aufzubauen, verringert – noch dazu beim jetzigen Zinstief. Die hochverschuldeten Staaten sanieren sich auf Kosten der kleinen Sparer. Dass Österreich trotz reichlich sprudelnder Einnahmen weiter Schulden macht, stimmt pessimistisch.

Wenn eine Gesellschaft außerdem nur mehr auf Gleichheit konzentriert ist und Spitzenförderung für elitären Unsinn hält, dann führt das zu insgesamt schwachen Ergebnissen und Stillstand.

Liberal? Gleichgültig!

Derzeit wird auch viel von unseren "Werten" gesprochen, aber ist die gepriesene Liberalität nicht eher Gleichgültigkeit? Ziemlich bedenklich ist außerdem, dass Europa und insbesondere Österreich das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellt. Leider muss eine Grenze schlimmstenfalls mit Gewalt geschützt werden, ansonsten gibt man die Souveränität auf. Österreich pflegt sein "Wir sind ja so gut"-Image, betätigt sich jedoch als staatlicher Schlepper, indem es Flüchtlinge nach Deutschland transportiert.

Grenzenloses Europa? Das ist leider vorbei. Der österreichisch-deutsche Grenzverkehr ist vollkommen gestört, Ungarn schloss am Freitag die grüne Grenze zu Kroatien. Europa zeigt sich gespaltener denn je: Angela Merkels Pragmatismus hat einen riesigen Flüchtlingsstrom ausgelöst. Doch Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei unterstützen sie nicht.

Heuer sind schon mehr als 600.000 Flüchtlinge übers Mittelmeer gekommen. Wie viele Menschen kann Europa integrieren? Beleben die Neuankömmlinge den Arbeitsmarkt dank junger, dynamischer Menschen, die Österreich hoffentlich gezielt anwirbt? Und wird sich der säkulare, friedliche, europäische Islam entwickeln, den wir so sehnlich erhoffen? Oder wird es explodierende Sozialausgaben, Ausbreitung radikaler Strömungen und No-Go-Bezirke geben?

Niemand braucht sich zu wundern, dass rechte Parteien in allen europäischen Ländern im Vormarsch sind, wenn unsere Political Correctness verhindert, entschlossen gegen diese Entwicklungen einzuschreiten.

Zynischerweise bezahlen wir gerade die Türkei für die Schmutzarbeit, uns Hunderttausende Flüchtlinge vom Leib zu halten, mit Milliarden und Visafreiheit. Die Türkei hat eben eine politische Strategie – genauso wie Russland, China und möglicherweise auch Amerika.

Verteidigungsbereit

Die EU tut sich da weitaus schwerer. Sie steht am Scheideweg. Die großartige Idee einer starken, friedlichen Staatengemeinschaft hat nur Zukunft, wenn diese geeint, selbstkritisch, entschlossen und zur Not auch verteidigungsbereit agiert. Genau das fordert Journalistenlegende Hugo Portisch dieser Tage vehement.

martina.salomon@kurier.at

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