Wissen hilft gegen Verschwörungstheorien

Ökonomische Debatten in Österreich verlaufen oft erschütternd schlicht.
Martina Salomon

Martina Salomon

Ökonomische Debatten in Österreich verlaufen oft erschütternd schlicht.

von Dr. Martina Salomon

über entscheidende Zusammenhänge

Hans-Peter Haselsteiner hat im deutschen Handelsblatt vom Wochenende etwas gesagt, das man eher von unserem freundlichen, lateinamerikanischen Papst, aber nicht von einem österreichischen Unternehmer mit internationaler Geschäftstätigkeit erwartet hätte: Ganz Europa könnte ein Jahr lang auf einen Autokauf verzichten. Das würde an unserer Lebensqualität nichts ändern. Philosophisch betrachtet (wie dieses Gespräch auch ablief), ist das wahr. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es aber falsch – und sogar aus ökologischer, denn neue Autos sind meist "sauberer".

Stimmt schon, hierzulande ist der Sättigungsgrad bei Autos, Handys, Fernsehapparaten, Kleidung längst überschritten. Die Leute haben Zukunftsangst und gehen vorsichtiger mit ihrem Geld um. Konsumzurückhaltung ist daher auch ein Teil der hartnäckigen Krise Westeuropas. Sie vernichtet Arbeitsplätze, kostet Wachstum und bringt, kombiniert mit anderen Problemen, unseren Kontinent global ins Hintertreffen.

Europäische Spitzenpolitiker und -wirtschafter tun daher alles, um Konsumenten in Kauflaune zu halten. Sie drücken den Zinssatz gegen null, damit die wankenden Banken den Kredithahn für Investitionen nicht ganz zudrehen und die Staaten ihre unfassbaren Schulden irgendwie zurückzahlen können. Die Zeche dafür zahlt übrigens der Mittelstand, dessen Sparbücher aufgrund der – über den Zinsen liegenden – Teuerung dahinschmelzen, weshalb viele Bürger in (mittlerweile auch unrentables) "Betongold" flüchten. In weiterer Folge kann so übrigens eine Immobilienblase drohen.

Seit Ausbruch der Finanzkrise hat es kaum gute Nachrichten gegeben. Es ist daher wichtiger denn je, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen. Doch mit dem Wissen darüber ist es nicht weit her. Ökonomische Debatten befinden sich in Österreich oft auf erbärmlich populistischem Niveau. Politik, Medien und selbst Wirtschaftsvertreter wagen da nur selten gegenzusteuern, um sich nicht unbeliebt zu machen. Ergebnis: Panikmache fällt auf fruchtbaren Boden. Dort blühen dann auch die wildesten Verschwörungstheorien.

Allgemeingültige Wahrheiten gibt es nicht

Zyniker werden jetzt nicht ganz zu Unrecht einwenden, dass die Wirtschaft selbst von klugen Ökonomen nicht mehr durchschaut wird. Grexit, ja oder nein? Leitzins zu niedrig oder noch immer zu hoch? Kapitalertragssteuer erhöhen oder doch besser die Mehrwertsteuer? Staatsschulden abbauen oder gegen die Krise mit neuen Schulden investieren? Sie werden von Experten zu jeder Frage konträre Antworten bekommen.

Umso wichtiger ist, sich eine eigene Meinung zu bilden. Das ist leichter geworden: Medien, auch der KURIER, bemühen sich verstärkt, Zusammenhänge zu erklären. Denn, ob der Frankenkredit in Euro gewechselt werden soll, ob der Bausparvertrag noch Sinn hat und welche Geschäfte man mit wem macht, muss immer noch in eigener Verantwortung entschieden werden.

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