Wenn ein bisschen Wandel auch reicht

Die Isländer machen’s den Wutbürgern der Welt vor: Umschwung ja, aber bitte mit Maßen.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Angesagte Revolutionen finden selten statt – und Island bildet da auch keine Ausnahme. Fast hätte die Insel im Atlantik für eine Sensation gesorgt, mit der ersten Piratenpartei der Welt, die auf demokratischem Weg eine Regierung kapert.

Fast – wäre da nicht die Mehrheit der isländischen Wähler gewesen, die beim Urnengang am Samstag keinen Appetit auf Radikal-Experimente verspürte. "Schade", mögen sich alle denken, die Island gerne als Versuchslabor für Establishment-ferne, unorthodoxe Querdenkerpolitik sehen würden. Islands Hauptstadt Reykjavik hat ja schließlich schon einmal bewiesen, dass mit der Wandlung des Komikers Jon Gnarr (und seiner "Spaßpartei") zum Bürgermeister der Stadt erfolgreiche Politik zu machen war.

Aber Wandel und Veränderung, ohne die demokratische Systeme nicht überleben könnten, muss nicht die Total-Umkehr aller bisher, auch durchaus erfolgreich gelebten Prinzipien bedeuten. Leicht Anarchie-angehauchte Piraten im Parlament? Unbedingt – ihr frischer Zugang wird althergebrachte Politik zur Beweglichkeit zwingen. Wutbürger-Parteien entsenden ihre Abgeordneten? Muss auch sein – wenn denn Politik die Gesamtheit ihrer Bevölkerung und deren Befindlichkeit widerspiegeln soll. Ein Donald Trump in der Politik? Nicht zu verhindern – wenn er offenbar auf den Punkt bringt, woran die etablierte Politik gerne vorbeisteuert: Enttäuschung, Frust, das Gefühl, abgehängt worden zu sein.

Aber ein US-Präsident Trump, und darauf kann man nur hoffen, mag der Mehrheit der Amerikaner ebenso zu experimental-radikal sein wie die – ungleich lustigeren – Piraten für die Mehrheit der Isländer.

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