Rote mischen Buhlen um Blaue neu auf

Will Kern mit Basis-Votum über Rot-Blau nur den Preis für Schwarz-Blau hochtreiben oder Machterhalt um jeden Preis?
Josef Votzi

Josef Votzi

Schwarz-Blau, Blau-Schwarz oder doch Rot-Blau? Knapp fünf Monate vor der Neuwahl beschäftigt die Parteistrategen eine Schlüsselfrage: Was kommt am Tag danach? Und wie halten sie ihre Hauptgegner mit allen Mitteln klein, ohne total verbrannte Erde zu hinterlassen? Denn der Dreikampf um die Vormacht wird nach dem 15. Oktober in die Verlängerung gehen: Wer in den nächsten fünf Jahren das Sagen hat, dürfte allein zwischen Rot, Schwarz und Blau ausgemacht werden.

Die ÖVP hatte schon bisher keine Berührungsängste mit der FPÖ. Einer der neuen ÖVP-Spielmacher, Oberösterreichs Thomas Stelzer, war ein Architekt der schwarz-blauen Landesregierung. Auch die Wählermehrheit, so die jüngste KURIER-OGM-Umfrage, glaubt an eine Regierung rechts der Mitte. Sebastian Kurz hält sich auch in dieser Frage noch bedeckt. Er zieht ab sofort in US-Manier bei Town-Hall-Meetings durch die Lande.

Taktisches Manöver ohne Risiko

Zur größten Unbekannten wird daher: Wie hoch treibt die SPÖ den Preis für Schwarz-Blau, indem sie selber heftig mitbietet? Christian Kern stellt seine Partei gerade so auf, dass am Ende auch das bislang Unsagbare möglich sein könnte – der Tabubruch mit dem kämpferischen Nein zu Rot-Blau. Der SPÖ-Kriterienkatalog für Koalitionen macht künftig auf dem Papier möglich, was bereits Praxis ist: Die wenigen SPÖ-Landesgruppen, die noch stark genug sind, als Partner infrage zu kommen, entscheiden selber, ob sie mit Blau regieren – wie jüngst im Burgenland. Für den Bund gab der neue SPÖ-Chef selbst intern den Kurs vor. Einer Neuauflage des rot-blauen Experiments der 80er-Jahre braucht auch ein Ja der SPÖ-Mitglieder in einer Urabstimmung: Ein taktisches Manöver ohne Risiko, um den gültigen Parteitagsbeschluss aufzuheben. In den letzten Tagen gaben so von Michael Häupl bis Peter Kaiser Spitzengenossen diesem Kurswechsel ihren Segen.

Zwei Alphatiere singen nicht im Duett

Heinz-Christian Strache wird bei der Regierungsbildung 2017 nur in zwei Fällen zu umgehen sein: Christian Kerns einstiger Wunschtraum einer Mehrheit jenseits von rechts aus Rot-Grün-Neos geht doch noch in Erfüllung. Das ist in etwa so wahrscheinlich, wie dass es am Wahltag des 15. Oktober am Wiener Ballhausplatz heftig schneit.

Variante zwei ist nicht ganz so utopisch, aber derzeit schwer kalkulierbar. Ein Neustart in Schwarz-Rot oder gar eine Neuauflage von Rot-Schwarz ist zwar nicht für immer vom Tisch, wäre aber nur nach einem Wechsel an der Spitze beim jeweiligen Wahlverlierer möglich.

Die Paarung Kurz-Kern oder Kern-Kurz könnte zwar intellektuell und inhaltlich durchaus spannend werden, ist aber praktisch und persönlich auszuschließen. Zwei Alphatiere wie Kern & Kurz singen nicht im Duett.

Sie werden vor und nach dem 15. Oktober mehr denn je um die Wette singen. Das schwarz-rote Buhlen um die Blauen ist mit Christian Kerns frisch frankiertem Freibrief für Rot-Blau per Plebiszit neu eröffnet.

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