Rette sich, wer kann führt in die Anarchie
Die EU schafft nur noch Sündenböcke statt Solidarität.
Der Außenminister des kleinen Luxemburg schlägt auf die große Pauke: "Wir steuern in eine Anarchie hinein." Jean Asselborn stellt gar den hektischen EU-Sitzungsreigen infrage. Motto: Welchen Sinn machen Ratssitzungen, die nur neue Ratlosigkeit hinterlassen? Jetzt beruft Athen seine Botschafterin aus Wien ein – "um die freundschaftlichen Beziehungen zu bewahren". Tsipras nutzt die Gunst der Stunde, um kurz von sich abzulenken: Athen steht wegen des "Durchwinkens" der Flüchtlinge seit Monaten folgenlos am Pranger der EU.
Die Crux: Europa findet seit Eskalation von Krieg und Not in Syrien zu keinem gemeinsamen Weg in der Asylkrise. Nun gilt auch in der EU: Rette sich, wer kann. Die Mehrheit mauert gegen die (weitere) Übernahme von auch nur ein paar Hundert Flüchtlingen. Der Rest schottet sich offen mit Asylstopp (Schweden), Obergrenze (Österreich) oder – verschämt – mit Tageskontingenten (Deutschland) ab. Dazwischen die EU-Kommission als "Hüterin der Verträge", die von den EU-Staaten täglich zum eigenen Vorteil zurechtgebogen oder gebrochen werden. Jean-Claude Juncker bleiben nicht mehr als Mahnungen und die Einleitung von Strafverfahren. Das lässt nicht nur die Viktor Orbans kalt. Die Mehrheit der EU-Premiers fürchtet nicht das nächste EuGH-Urteil , sondern das ihrer Wähler.
Die Hoffnung auf bessere Tage lebt: WIFO-Chef Aiginger hat mitten in der größten Krise der EU eine erfrischend positive Vision für deren Neustart vorgelegt. Sein Expertenteam sollte dringend eine Nachspielrunde in Sachen Flüchtlinge einlegen: Wie schafft es die EU, den Retourgang aus der Sackgasse "in die Anarchie" einzulegen – und statt in heilloser Lose-lose-Taktik unterzugehen zu einer sinnvollen Win-win-Strategie zu finden.
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