Retro-Wahlkampf

Hände weg von den Pensionen: Das hatten wir doch schon einmal. Und es war so erfolgreich wie falsch.
Martina Salomon

Martina Salomon

Längst bestimmen ja die Nettoempfänger über jene, die den Sozialstaat finanzieren.

von Dr. Martina Salomon

über die Pensionsdebatte

Heutige Teenies werden in 20 Jahren wohl ordentliche Aggressionen gegen die „Babyboomer“ hegen. Diese genießen dann im Schnitt seit eineinhalb Jahrzehnten ihren Ruhestand. Mit Pensionen, die man nie mehr erreichen wird. Nirgendwo sonst werden so viele pumperlgesunde Menschen für Jahrzehnte in Pension geschickt – Frauen, obwohl sie länger leben, noch fünf Jahre früher. Das ändert sich erst ab den Jahrgängen 1963. Die lange Übergangszeit ist ein Nachhall aus der Ära der legendären Frauenministerin Dohnal. Damals galt das frühere Pensionsalter als Trostpflaster für erlittene Ungleichbehandlung in der Arbeitswelt. Wer aber heute beklagt, dass Frauen schlechtere Gehalts- und Karriereaussichten als Männer haben, müsste verhindern, dass sie früher in Pension gehen (bzw. dazu gedrängt werden). Aber hier überschneiden sich oft die Interessen von Arbeitnehmern und -gebern: Die Firmen können sich teurer Älterer entledigen, und Frauen dürfen sich gleichzeitig mit ihren im Schnitt meist ein paar Jahre älteren Partnern zur Ruhe setzen.

Dass dem Staat wegen solch teurer Privilegien das Geld für sinnvollere Investitionen fehlt, ist mittlerweile auch dem Durchschnittsösterreicher klar. Dennoch schreckt die SPÖ nicht vor einem Retro-Wahlkampf zurück. Was Franz Vranitzky Stimmen brachte (Stichwort „Pensionistenbrief“), wird wohl auch Werner Faymann nutzen. Und die Strategie kann aufgehen: Senioren sind Kernklientel der Sozialdemokraten, politisch interessierter – und stellen die Mehrheit der Wähler. Längst bestimmen ja die Nettoempfänger über jene, die den Sozialstaat finanzieren. Wer es aber wagt, an diesem System zu rütteln, gilt als „neoliberal“. Weder die Politik, noch die Firmen haben in den letzten Jahrzehnten sehr ambitioniert über altersgerechte Arbeitsplätze nachgedacht. Wenigstens das ändert sich jetzt langsam. Auch wenn in diesem Wahlkampf noch anderes suggeriert wird.

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