Reden über Personen gestalten keine Politik

Politik-Entscheidungen, die nicht getroffen werden, gefährden die Zukunft. Personalspiele helfen da nicht.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die Wiener SPÖ lebt noch davon, dass die Opposition auch keine großen Ideen hat.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die Erfordenisse von Stadtpolitik

Wien. Besser. Machen. Kein schlechtes Motto für eine SPÖ-Tagung in der Bundeshauptstadt. Aber Bürgermeister Michael Häupl stellte etwas anderes an den Beginn seiner Rede: Man müsse Strache vom Kanzleramt fernhalten. "Das ist eine Zielsetzung, der andere Dinge unterzuordnen sind."

Wirklich? Das ist schon Politik für die Stadt? Zunächst: Wien ist eine besonders lebenswerte Stadt. Das gilt nicht nur für die noblen Bezirke, wo internationale Manager wohnen, die dann stets die Lebensqualität Wiens loben, das gilt für alle 23 Bezirke. Aber Wien ist auch eine der am schnellsten wachsenden Städte Europas, mit allen damit verbundenen Herausforderungen. Für die Verwaltung sind die Beamten zuständig, aber für die Planung der nächsten Jahrzehnte brauchen wir politische Entscheidungen über Wohnbau, Verkehr, Betriebsansiedelungen und Schulen. Vor allem aber wird in Wien der Bereich der Integration noch immer unterschätzt. Es gibt das schlechte Beispiel der Tschetschenen, wo es einigen Familien gelungen ist, mit Gewalt Gegengesellschaften zu errichten. Und es gibt die Schulen, wo in vielen Klassen kein Kind Deutsch kann. Wo Sozialarbeiter gebraucht werden, die die Kinder von zu Hause abholen und am Nachmittag mit ihnen lernen. Wer Strache und die FPÖ schwächen will, muss endlich darauf Antworten haben, durch Taten statt durch Reden.

Freilich hören wir auch von den sogenannten Außenbezirken, also den Gegenden, wo man die Probleme kennen müsste, wenig Konkretes. Da wird gerade die ganze Kraft darauf verwendet, Häupl immer deutlicher den Weg zum Ausgang zu zeigen. Dabei gibt es im Moment wahrscheinlich kaum ein spannenderes Politikfeld, als die Gestaltung von schnell wachsenden Städten, die Organisation des Zusammenlebens auf engem Raum von Menschen unterschiedlicher Herkunft, mit völlig verschiedenen Erwartungen und Lebenskonzepten. Die Wiener SPÖ lebt noch davon, dass die Opposition auch keine großen Ideen hat.

Müde Regierung, traurige Medienlandschaft

Nun wissen wir von vielen Wahlen, ob hierzulande oder in der weiten Welt, dass nur selten die Opposition wegen ihrer guten Ideen gewinnt, sondern Regierungen abgewählt werden, weil sie müde und ausgelaugt sind. Ein Aufbruch war jedenfalls bei der gestrigen großen SPÖ-Versammlung nicht zu spüren.

In Wien kommt noch dazu, dass viele Missstände durch Zigmillionen an den Gratis-Boulevard zugedeckt werden. Wer gekauft ist, kritisiert höchstens, um noch mehr Geld zu bekommen. Und weil es so gut zu der oft traurigen Medienlandschaft passt: Bei einer internen ORF-Versammlung berichtete Generaldirektor Wrabetz, dass ORF-Redakteure zu Politikern gingen, um personelle Entscheidungen im ORF zu beeinflussen. So Wrabetz, der Polit-Jongleur. Erschreckend ist es dennoch, wenn sich Journalisten ihn zum Vorbild nehmen. Aber auch darüber muss mal offen geredet werden.

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