Protestieren, aber richtig

Die Ärzte-Kampagne ist natürlich überzogen, manche Kritik aber durchaus berechtigt.
Martina Salomon

Martina Salomon

Nicht vernünftig ist es, die Mediziner bei Reformen nicht einzubinden.

von Dr. Martina Salomon

über den Protest der Ärztekammer

Eine Werbe-Kampagne, die keine Emotion weckt, funktioniert nicht. Deswegen lautet die Schlagzeile der Ärztekammer: „Mein Spital ist weg.“ Korrekter, aber weniger knackig wäre: „Liebe Patienten, in Zukunft bestimmen Bürokraten noch mehr über euch.“ Länder und Sozialversicherung werden über die Planung der Gesundheitsversorgung entscheiden. Das Ministerium gibt sich weitgehend selbst auf, und die Ärzte fühlen sich an den Rand gedrängt. Aber es geht der neu gewählten Kammer-Führung wohl auch darum, Profil zu zeigen. Die Politik reagierte schneidend. Ein Landesrat forderte sogar die Auflösung der Standesvertretung. Was reichlich überzogen ist.

Die Regierung hat recht, wenn sie die Ärzte davor warnt, Patienten für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Die Versorgung ist in Österreich auf einem hohen Niveau. Nicht vernünftig ist es aber, die Mediziner bei Reformen nicht einzubinden. Denn sie sind es ja, die – übrigens so wie die Lehrer – an vorderster Front stehen und alle (Sozial-)Probleme hautnah mitkriegen.

Ja, es gab schon vernünftigere Kampagnen. Dennoch ist die Kritik in manchen Punkten berechtigt – etwa an der sich ständig vergrößernden Bürokratielawine. Seit Jahrzehnten redet man auch davon, den Hausarzt aufzuwerten. Doch den schönen Worten sind nie Taten gefolgt. Wir wissen alle seit Langem, dass die Österreicher zu viel im Spital sind. Dass es zwar lange Wartezeiten gibt, aber teure Geräte ungenutzt herumstehen. Dass die Turnusärzte besser ausgebildet werden müssen. Dass die Gesundheitsberufe schlecht koordiniert sind. Dass gewerkschaftliche Interessen oft mehr zählen als der Patient. Themen für die heute öffentlichkeitswirksam demonstrierenden Ärzte gibt es also genug.

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