Mehr Verantwortung geht nicht mehr

Österreich hat lange die Golan-Stellung gehalten und zieht jetzt ab. Zwei richtige Entscheidungen.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Der Beschluss, unsere 380 Blauhelme vom Golan abzuziehen, ist die logische Folge und richtig.

von Andreas Schwarz

über den Golan-Abzug

Es ist gerade einmal zehn Tage her, dass die Regierung noch keinen Grund sah, die österreichischen UN-Soldaten vom Golan abzuziehen. Nach Ende des EU-Waffenembargos gegen Syrien werde man, trotz vorheriger Abzugsdrohung, die Lage weiter beobachten und „tagesgleich“ entscheiden.

Gestern musste minutengleich entschieden werden: Syrische Rebellen hatten in der Pufferzone den Grenzposten Quneitra eingenommen, die syrische Armee begann wenig später mit der Rückeroberung. Und mitten im schweren Artilleriefeuer und Panzerbeschuss: die Österreicher, deren Versorgung nur noch über diesen Grenzposten erfolgt.

Der Beschluss, unsere 380 Blauhelme vom Golan abzuziehen, ist die logische Folge und richtig.

Denn der UNO-Mission ist schon seit geraumer Zeit jeder Boden entzogen. Fast vier Jahrzehnte haben die Soldaten ihren Auftrag, Syrien und Israel auseinanderzuhalten, erfolgreich erfüllt. Das größte Kontingent stellte dabei Österreich. Doch inzwischen ist die sogenannte entmilitarisierte Zone zum Schlachtfeld im syrischen Bürgerkrieg geworden – Rebellengruppen haben sich festgesetzt und liefern sich schwere Gefechte mit den Assad-Truppen. Die Blauhelme können, wenn sie nicht gerade vorübergehend entführt werden, nur den Kopf einziehen und zuschauen.

Sturmgewehre gegen Krieg

Wenn Spaßvögel jetzt meinen, dass Soldaten mit gutem Sold eben nicht nur bei schönem Wetter, sondern auch im Krieg die Stellung zu halten haben, dann dürfen sie sich mit diesem Vorwurf nicht an Österreich, sondern allenfalls an die UNO wenden. Die Blauhelme der friedenserhaltenden Mission sind zur Verteidigung mit kugelsicheren Westen und Sturmgewehren ausgerüstet. Ansonsten bleibt ihnen nur der Bunker.

Das Gegenteil der Feigheit ist wahr: Die Österreicher haben so lange wie möglich ausgehalten. Und auch die Kritik der heimischen Opposition und/oder der Boulevardmedien daran geht fehl: Mit dem österreichischen Kontingent stand und fällt nun vermutlich die gesamte UNO-Mission – deren Auftrag ja immer noch ist, Syrien und Israel zu separieren. Ihr Ende bedeutet eine dramatische Verschärfung der Lage: Israel hat schon mehrfach präventiv Ziele in Syrien angegriffen (Waffenlieferungen an die Hisbollah), das syrische Regime droht, auch wenn es gegenwärtig ganz andere Sorgen hat, immer lauter mit Vergeltung. Fällt der Puffer zwischen den beiden Staaten weg, dann ist eine Eskalation hochgradig wahrscheinlich bis unvermeidlich.

Die Verantwortung, das zu verhindern, hat Österreich so lange wie möglich getragen. Jetzt geht es nicht mehr, ohne zum Kanonenfutter zu werden. Der anlaufende heimische Wahlkampf hat die Entscheidung vielleicht erleichtert. Unvermeidlich war sie so und so. Jetzt müssen die österreichischen Blauhelme nur noch gut aus dem Krieg kommen.

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