Lostag für das Urteil im Lobbygate-Prozess

Wenn das Gericht dem Zeugen Othmar Karas glaubt, wird es für Ernst Strasser äußerst eng.
Ricardo Peyerl

Ricardo Peyerl

Der Angeklagte nannte seinen Preis: 100.000 Euro Jahresgage.

von Ricardo Peyerl

über den Strasser-Prozess

Was Richter Georg Olschak von Ernst Strasser hält, lässt sich aus der Frage an eine Zeugin ablesen. Strasser hatte der Assistentin seines Fraktionskollegen Othmar Karas den Text für einen Gesetzesänderungsantrag geschickt und sie dann gebeten, ihm den Inhalt zu erklären. Richter: „Er schickt Ihnen etwas, weiß aber nicht, was drinnen steht?“ Die Zeugin (auf Strasser weisend): „Das müssen Sie ihn fragen.“

Freilich dürfen sich Richter beim Urteil weder von Sympathie oder Antipathie noch davon leiten lassen, für wie intelligent (oder sprachgewandt) sie einen Angeklagten halten. Es zählen Beweise und Zeugenaussagen. Unter Letzteren war jene von Othmar Karas – dem ÖVP-Mann, dem man Strasser immer vor die Nase gesetzt hatte – an Klarheit nicht zu überbieten. Strassers Verantwortung geht ja in die Richtung, er habe bei der von den als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten begehrten Intervention auf EU-Gesetze nur zum Schein mitgespielt, um deren Hintermänner aufdecken zu können; es müsse sich dabei um einen Geheimdienst handeln. Niemals habe er tatsächlich auf ein EU-Gesetz Einfluss nehmen wollen. Karas widerspricht ganz klar: Wenn man ihm einen Antrag auf Gesetzesänderung schickt, wie das Strassers getan hat, dann tue man das, damit er diesen Antrag im Parlament einbringe. Er habe nie zuvor von einem anderen Abgeordneten eine solche direkte Einflussnahme erlebt.

Auch den Unterschied zwischen den üblichen Wünschen von Unternehmen, Vereinen und Verbänden an die EU-Parlamentarier und verpönter Intervention machte der Zeuge Karas deutlich: „Der entscheidende Punkt ist ja: wird man dafür bezahlt?“ Die Undercover-Journalisten lockten Strasser mit Geld, und der Angeklagte nannte seinen Preis: 100.000 Euro Jahresgage.

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