Darf ein TV-Gesicht einen Kopf haben?
Blutauffrischung hat die Politik dringend nötig – aber nicht nur als medialer Aufputz vor einer Wahl
Die Liste ist prominent und lang: Fast zwei Dutzend ORF-Journalisten wechselten über Nacht in die Politik. Darunter publizistische Groß-Kaliber wie Franz Kreuzer, der als Journalist jahrzehntelang brillierte, als Umweltminister aber schon nach zwei Jahren scheiterte. Die Liste derer, die dauerhaft wirklich Spuren hinterlassen haben, ist bescheiden: Helmut Zilk schaffte den Umstieg zum Kulturstadtrat über den Unterrichtsminister bis zum legendär populären und polarisierenden Wiener Bürgermeister. Dann folgt mit Abstand Ursula Stenzel, die 1999 für die ÖVP die EU-Spitzenkandidatin machte – und seit 2006 bis heute als Bezirkschefin die Wiener City als bürgerliche Bastion verteidigte. Da wäre also noch Luft nach oben.
Werner Faymanns Überraschungskandidat Eugen Freund bringt bei seinem Umstieg in die Politik als Vorteil mit, dass er einige Jahre als Ministersprecher und Außenamtsmitarbeiter politische Erfahrung gesammelt hat und seine neue Welt nicht nur aus der Beobachterrolle kennt.
Entscheidend wird aber sein, wie leidensfähig er und wie lernfähig seine neue Heimat ist. Bis zur Wahl wird er in der SPÖ reihum als Retter in der Not hofiert werden. Schließlich soll er die Schmach eines Absturzes hinter die FPÖ auf Platz 3 verhindern. Das könnte ihm auch gelingen, wenn er es schafft , als populäres TV-Gesicht EU-müde SP-Anhänger für die Teilnahme an der Wahl zu mobilisieren. Als eigenwilliger Kopf könnte er hinterher aber rasch anecken – zumal in einer Partei, die sich schon mit einem eigenständigen Denker wie Hannes Swoboda schwergetan hat, der in der SPÖ großgeworden ist.
Zu Hause wurde er bis zuletzt weit unter seinem Wert gehandelt; in Brüssel galt und gilt er als Groß-Kaliber.
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