Ignoriertes Problem
Der Grüne Bundesrat regt seine Partei auf, legt aber wie schon oft den Finger in eine Wunde.
Die härteste Kritik an Abschottung und autoritären Tendenzen im Islam kommt meist aus der islamischen Gemeinschaft selbst. Wer hierzulande für den nationalistischen türkischen Premier Erdogan demonstriert, der die Istanbuler Demonstranten niederknüppeln lässt, sollte mit einem One-way-Ticket in die Türkei fahren, meinte Efgani Dönmez. Das war hart zugespitzt. Man muss dem Grünen aber zugutehalten, dass er immer wieder Probleme aufzeigt, die eben da sind. Im Vorjahr wies er im KURIER darauf hin, dass ausgerechnet die linke Linzer SPÖ besonders rechte türkische Vereine fördert, die unter der Kontrolle der staatlichen türkischen Religionsbehörde und der Grauen Wölfe stehen. Oder, dass gerade jene jungen Migranten, die große Probleme im heimischen Bildungswesen haben, gezielt von Vereinen aus ihren Herkunftsländern angesprochen und indoktriniert werden.
Gut möglich, dass wir aus lauter „political correctness“ übersehen, wie junge Menschen von der Mehrheitsgesellschaft abgeschnitten aufwachsen – in quasi wiedererrichteten muslimischen Dörfern, in ihren eigenen Kindergärten, wo man nur Türkisch spricht. Wenn sich die Betroffenen später als Außenseiter empfinden, ist es nur ein kleiner Schritt zur Meinung, von einer moralisch verkommenen Gesellschaft umgeben zu sein, in der die Familie nichts zählt und Frauen sich wie Huren benehmen.
Es wäre grundfalsch, alle Angehörigen der islamischen Glaubensgemeinschaft in einen radikalen Topf zu werfen. Der allergrößte Teil respektiert unser Wertesystem (so es überhaupt noch vorhanden ist). Die Grünen drohen Dönmez nun mit Partei-Rausschmiss. Aber zu glauben, dass es problematische Islamisierungs-Tendenzen in unserer Gesellschaft nicht gibt, wenn man es nur fest genug leugnet und Kritiker ächtet, ist absurd.
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