Guter Papst braucht keine Divisionen

Betontes Engagement von Franziskus gegen Armut gibt Kritik an Ungerechtigkeit moralischen Überbau.
Peter Rabl

Peter Rabl

Papst als moralische Institution gegen Armut und Ungerechtigkeit

von Peter Rabl

über Franziskus

Wie viele Divisionen der Papst denn habe, fragte der sowjetische Diktator Stalin, als Churchill bei der Konferenz von Jalta 1945 für das katholische Oberhaupt eine Rolle bei der Gestaltung Nachkriegs-Europas forderte. Spätestens seit dem wichtigen Beitrag von Papst Johannes Paul II. zum Zusammenbruch des Kommunismus ist diese Frage historisch beantwortet. Ein guter, starker Papst braucht keine Divisionen für einen entscheidenden Einfluss in der Welt.

Was dem großen Polen die erdrückende Macht des Kommunismus war, ist seinem argentinischen Nach-Nachfolger Franziskus die drückende Last der Armut und der globalen sozialen Probleme.

Von der ersten Stunde im neuen Amt an setzt der neue Papst serienweise Zeichen der Abkehr von überholtem vatikanischen Prunk um das Papst-Amt. Die weiße Soutane muss bei ihm als Amtsausweis reichen. Auf der Brust bleibt das gewohnte eiserne Bischofskreuz statt des vorbereiteten goldprunkenden des Papstes, an den Füßen die von Freunden daheim spendierten schwarzen Schuhe statt der eitlen roten Sandalen im Luxusschnitt, ein normaler Pkw reicht für die erste Fahrt durch Rom statt der üblichen päpstlichen Luxuskarosse.

Moralische Institution gegen Ungerechtigkeit

Hinter solchen äußeren Zeichen steht eine klare Position des Papstes als moralische Institution gegen Armut und Ungerechtigkeit. Gelernt und jahrzehntelang gelebt in seiner krisengeplagten argentinischen Heimat, zusätzlich geprägt durch jahrzehntelange Diskussionen der südamerikanischen Bischöfe über ein starkes Engagement ihrer Ortskirchen aufseiten der Millionen Armen statt der historischen Partnerschaft mit den lateinamerikanischen Eliten.

Der Kardinal Bergoglio hat in Buenos Aires keinen Konflikt mit der korrupten Politik gescheut. Der Papst Franziskus wird sich wohl sehr kritisch und intensiv mit dem sozial völlig entgleisten Turbo-Kapitalismus und seinen Anhängern auseinandersetzen.

Der Kampf um globale Gerechtigkeit bekommt damit einen zusätzlichen moralischen Überbau in der lange verschütteten Tradition der kirchlichen Soziallehre aus den Frühzeiten des hemmungslosen Kapitalismus. Und nebenbei besinnt sich mit diesem Papst die katholische Kirche auf eine ihrer ureigenen biblischen Wurzeln jenseits aller theologischen Spitzfindigkeiten und ihrer vielfach allzu weltlichen Interessen.

Für viele Engagierte in der Kirche, vor allem aber für deren viele nicht gläubigen Kritiker wird der in Glaubens- und allgemeinen Moralfragen wohl eher sehr konservative Franziskus möglicherweise zu einer Enttäuschung werden. Wobei Überraschungen bei diesem tief im Volk verwurzelten Mann nicht auszuschließen sind.

Aber am Ende ist eine neue, klare Haltung und Rolle der Kirche in der großen sozialen Frage wohl ungleich wichtiger als vordergründige Themen wie das Priestertum der Frauen oder die Ehe von Homosexuellen.

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