EU-Parlament weit besser als sein Ruf

In Brüssel und Straßburg fallen die wichtigsten Entscheidungen nach bemerkenswerten Spielregeln.
Peter Rabl

Peter Rabl

Die politische Rolle des EU-Parlaments wird deutlich unterschätzt.

von Peter Rabl

über das EU-Parlament

Dienstag war Österreicher-Tag im Straßburger Europa-Parlament. Mit überwältigender Mehrheit und mit allseitigem Lob für den dabei federführenden Vizepräsidenten Karas wurde das Gesetzespaket zur europäischen Bankenregulierung beschlossen. Mit ebenso großer Mehrheit, aber sang- und klanglos wurde am selben Tag die Auslieferung der fraktionslosen Abgeordneten Martin und Stadler an die österreichische Justiz genehmigt.

Das Echo in der österreichischen Heimat darauf war überhörbar. Die Austro-Parlamentarier empfanden sich wieder einmal zu wenig beachtet und geschätzt. Das ist mehr als gekränkte Eitelkeit. Tatsächlich beweist unsereinem eine Reise zur monatlichen Sitzungswoche in Straßburg, dass die politische Rolle des EU-Parlaments deutlich unterschätzt und seine besondere Arbeitsmethode viel zu wenig beachtet wird.

Europäische Entscheidungen bestimmen bekanntlich 80 Prozent der österreichischen Gesetze. Die werden von der EU-Kommission vorgeschlagen, aber tatsächlich erst durch Beschluss des Parlamentes verbindlich. Wobei praktisch jeder Kommissions-Vorschlag von den Abgeordneten ergänzt oder verändert wird.

Da in Brüssel und Straßburg die Frontlinie zwischen Regierungs– und Oppositionsfraktionen fehlt, ist die Arbeit auf Konsenssuche über Parteigrenzen angelegt.

Große Themen und lächerliche Regulierungen

Wie die ganze EU-Politik schwankt auch das Parlament dabei zwischen ganz großen Themen und lächerlichen Regulierungen. So lief am vergangenen Donnerstag eine hochstehende Diskussion des außenpolitischen Ausschusses mit dem französischen Außenminister Fabius zeitgleich mit Beratungen eines Unterausschusses über Regulierungen für die Problematik von Stadttauben.

Im Plenum läuft am Mittwoch einerseits die monatlichen Serie von Dutzenden Detail-Abstimmungen – bei vollen Abgeordnetenbänken, weil ihr Taggeld an die Teilnahme gebunden ist. Andererseits liefert das Parlament hochstehende Debatten über die Demokratiekrise in Ungarn und die Finanzkrise in Zypern.

Starke Beiträge zu beiden Themen liefert der Fraktionschef der Sozialdemokraten Swoboda. Neben dem ÖVPler Karas der höchstrangige Österreicher im Haus. Aber auch andere Ösis wie die umtriebige Grüne Lunacek oder der viel präsente Rote Leichtfried haben weit mehr europäische Wirkung als heimische Resonanz. Ganz ungewohnt im Vergleich zu den Wiener Kollegen, mit welcher Begeisterung die von ihrer Arbeit reden.

Ganz im Gegensatz zu fraktionslosen und damit im Parlamentsgeschehen völlig wirkungslosen Österreichern wie der zur Peinlichkeit geschrumpfte Aufdecker Martin, der Blaue Mölzer oder der Orange Stadler.

Bleibt als Gesamteindruck, dass das Europäische Parlament weit besser ist als sein Ruf.

Und gleichzeitig überkommt einen der Verdacht, dass so etwas wie die innenpolitisch so stark beachtete Landtagswahl in Tirol im europäischen Maßstab eher unter die Rubrik politische Folklore fällt.

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