Ein echter Herkules schaut anders aus

Wunder kann der griechische Euro-Rebell Tsipras nicht bewirken, deshalb wartet die EU gelassen ab.
Hermann Sileitsch-Parzer

Hermann Sileitsch-Parzer

Ein echter Herkules schaut anders aus.

von Hermann Sileitsch-Parzer

über Euro-Rebell Tsipras

Die Ruhe war trügerisch. Eine absehbare Regierungskrise in Athen reichte aus und schon flammt die Euro-Krise neu auf. Der Grund: Die internationalen Kreditgeber dürften künftig einem feindseligen Verhandler gegenübersitzen. Sollte er Regierungschef werden, werde er die Verträge mit der verhassten Troika aufkündigen und einen Schuldennachlass fordern, hat Euro-Rebell Alexis Tsipras angekündigt. Sein Linksbündnis SYRIZA liegt in allen Umfragen vorn.

Damit ist Griechenlands Zukunft ungewiss. Bisher lautete der Deal: Die Euroländer und der Währungsfonds helfen den Griechen mit Notkrediten aus der Patsche. Dafür müssen diese ihre Hausaufgaben erledigen – also sparen und die Wirtschaft und Verwaltung auf Vordermann bringen. Nach sieben harten Jahren ist es das Volk aber leid, den Gürtel enger zu schnallen. Es gibt den Geldgebern und Altparteien die Schuld an der Misere.

Eigentlich sollte die EU-Kommission also alarmiert sein. Die Reaktionen in Brüssel sind aber erstaunlich gelassen. Die (inoffizielle) Erklärung: Wer immer in Athen ans Ruder kommt, viel Handlungsspielraum wird er nicht haben. Wird dem Land der Geldhahn zugedreht, kann auch Tsipras seine vollmundigen Ankündigungen nicht wahr machen. Der Bluff mit dem Euro-Austritt wäre wenig glaubwürdig und würde niemanden jucken: Die Ansteckungsgefahr für andere Länder ist inzwischen gering.

Was ist somit realistisch? Griechenland wird wohl längere Laufzeiten und einen Zinsrabatt bei den Hilfskrediten erhalten. Zugleich darf die Regierung mehr Geld für die Ärmsten ausgeben. Die Ironie daran: Beides wäre ohnehin so gekommen, denn das waren die Zuckerln, wenn die Troika-Vorgaben folgsam umgesetzt werden. Den Erfolg darf sich nun aber ausgerechnet der heftigste Kritiker der Sparpolitik auf die Fahnen heften.

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