Die Schule muss ihr Selbstbild ändern

Der Ausbau von ganztägigen Schulen trägt der neuen Arbeitswelt Rechnung – allerdings viel zu langsam.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Wir schreiben das Jahr 2012, und es haben erst 18 Prozent der Pflichtschul-Kinder einen schulischen Tagesbetreuungsplatz.

von Dr. Daniela Kittner

über die Ganztagsschule

Die Bundesregierung hat beschlossen, die Mittel für den Ausbau ganztägiger Schulformen zu verdoppeln. 160 Millionen stehen bis zum Schuljahr 2018/2019 zur Verfügung, um für 200.000 von rund 650.000 Schülerinnen und Schülern im Pflichtschulalter eine sinnvolle Nachmittagsbetreuung zu schaffen. Das Konzept ist lebensnah: Damit die Kinder nicht nur herumhocken, sollen Sportstätten ausgebaut und die Zusammenarbeit mit Sportvereinen forciert werden; damit die Eltern nicht den Nachmittags-Chauffeur der Kinder spielen müssen, sollen die Angebote zum Musizieren, Theaterspielen und Tanzen am Schulstandort verstärkt werden. Auch die unterentwickelte Neugierde auf Naturwissenschaften soll angeregt werden. Mit einem Wort: Berufstätige Eltern sollen ihre Kinder in guter und sinnvoller Obhut wissen.

Daran ist rundherum nichts auszusetzen, außer, dass alles aufreizend langsam geht. Zur Erinnerung: Wir schreiben das Jahr 2012, und es haben erst 18 Prozent der Pflichtschul-Kinder einen schulischen Tagesbetreuungsplatz. Rechnet man die 50.000 Hortplätze dazu, steigt die Betreuungsquote auf 25 Prozent. Anders formuliert: Drei Viertel der Eltern müssen immer noch eine sinnvolle Nachmittagsbeschäftigung für ihre Kinder managen und mit ihnen lernen und Hausaufgaben machen, oft noch abends nach der Arbeit. Hut ab!

Der Druck zu mehr Leistung und Flexibilität in der realen Arbeitswelt steigt ständig, der geschützte Schulbetrieb wird dem, ob’s nun genehm ist oder nicht, Rechnung tragen und sein Selbstbild ändern müssen. Eltern und Schüler brauchen heute mehr als bloße Wissensvermittlung, sie verlangen umfassendes Service. Und die Kunden haben bekanntlich immer recht.

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