Die falsche Art von "Erneuerung"

Die Parteien sollen Macht abgeben und das Parlament stärken, anstatt es zu schwächen.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Die Abgeordneten hängen am Gängelband der Parteien

von Dr. Daniela Kittner

über elementaren Erneuerungsbedarf

Die Befürworter von Volksentscheiden haben recht – mit einem Argument: Österreichs Demokratie braucht einen Erneuerungsschub.

Die Basisanforderung wäre ein egalitärer Zugang zu Information: Abschaffung des Amtsgeheimnisses, verständliche Gesetze, größtmögliche Transparenz in allen Bereichen, Förderung von Qualitätsjournalismus (statt Millionen für die Boulevardmedien).

Elementaren Erneuerungsbedarf hat auch der Parlamentarismus. Die Abgeordneten hängen am Gängelband der Parteien, und die wiederum an ihren Lobbys. Das Ergebnis ist ein Funktionärsparlament statt einer Mischung aus Experten, direkt gewählten Abgeordneten und Parlamentariern, die aus dem echten Leben stammen. Das Parlament ist schwach, weil seine Abgeordneten nicht den Wählern, sondern den Parteien, die ihnen die Mandate sichern, verpflichtet sind.

Letzteres ist ein Grund, warum das Instrument der Volksbegehren massiv entwertet wurde. Stets passt irgendeiner Lobby ein Bürgeranliegen nicht – und prompt schiebt das Parlament die Unterschriften beiseite.

Anstatt zugunsten einer demokratischen Erneuerung Macht abzugeben, taumeln die Parteien nun im Vorwahlpopulismus in ein plebiszitäres System. Das wohl infamste Argument der Befürworter der Volksgesetzgebung lautet, die Gegner würden das Volk für „zu blöd“ halten. „Das Volk“ gibt es nicht. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, und die österreichische Konsensdemokratie mit ihrer Tradition des Interessenausgleichs trägt diesem Umstand besser Rechnung, als den Leuten in Befragungen simple Ja-/Nein-Antworten abzuverlangen, damit sich die Politiker vor ihrer Arbeit und ihrer Verantwortung drücken können.

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