Rolex, Villa, SUV: Wenn Richter zittern müssen

Justizreform in Albanien. AlsVorbedingung für EU-Beitrittsgespräche muss Albanien seine Justiz durchleuchten lassen.

Wenn ein junger albanischer Bauunternehmer wegen Schnellfahrens von der Polizei gestoppt wird und diese in dessen SUV 800.000 Euro in bar sowie zwei Bootsführerscheine des früheren albanischen Innenministers findet, sieht das für das Ex-Regierungsmitglied düster aus. Zumal dessen Name erst vor einem Monat auch in Verbindung mit der Verhaftung eines albanischen Drogenbosses in Italien gefallen war: Als Innenminister der sozialistischen Regierung habe sich Saimir Tahiri immer wieder schmieren lassen, war auf abgehörten Telefongesprächen des mächtigen Drogenbosses zu hören.

Der 38-jährige Ex-Minister streitet alles ab. Die juristische Aufarbeitung der Geschehnisse rund um Tahiri aber könnte zu einem entscheidenden Modellfall in Albanien werden. Im Frühling hofft das kleine Balkanland von der EU grünes Licht für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen zu erhalten.

Viele Vorbedingungen hat Albanien dabei noch zu erfüllen, vor allem aber müssen der Kampf gegen die Korruption und die Organisierte Kriminalität im Land ernsthaft anlaufen. Dafür unerlässlich ist die Umsetzung der ehrgeizigen und nur mit viel internationalem Druck durchgeboxten Justizreform. "Es reicht nicht, gute Gesetze zu haben", schildert die EU-Botschafterin in Albanien, Romana Vlahutin, dem KURIER, "man braucht dafür auch die geeigneten Leute."

Alle 800 Richter und Staatsanwälte im Land müssen sich nun einem rigorosen Durchleuchtungsverfahren stellen. "Auf drei Ebenen wird überprüft", sagt Vlahutin, "auf professionelle Effizienz hin, auf mögliche Verbindungen hin zu Kriminalität und auf Vermögen: Wenn etwa ein Richter ein Haus von Millionenwert besitzt, muss er nachweisen, woher die Mittel stammen." Die goldene Rolex, der SUV, der legale Erwerb aller Luxusgüter muss bewiesen werden. Das albanische Gremium, das die Richter und Staatsanwälte befragt, wird seinerseits von Experten aus der EU und den USA (International Monitoring Operation) überprüft. Die ersten Verfahren sind bereits angelaufen.

Politik und Verbrechen

Die Erwartungen der Bevölkerung sind hoch, dass der als korrupt angesehenen Justiz des Landes ein Riegel vorgeschoben wird. "Bei Umfragen gab es immer eine Zustimmung von 90 Prozent zum Durchleuchtungsprozess", sagt Botschafterin Vlahutin. Sie selbst wurde immer wieder heftig kritisiert. "Das ist der Druck diverser Interessensgruppen, verschiedener Verflechtungen von Politik und Verbrechen." Zusammen mit den USA aber, betont Vlahutin, habe die EU klargestellt, dass ohne reformierte Justiz kein EU-Beitritt zu haben sei. "Für die ganze Gesellschaft ist das ein Stresstest, eine Herausforderung", führt die Botschafterin aus, "und die ganze Region schaut interessiert zu."

Gegenüber Ex-Minister Tahiri legte die Staatsanwaltschaft indes bereits ungewöhnliche Härte an den Tag. Alle seine Konten werden derzeit überprüft, auch jene seiner Frau, seiner Eltern, selbst entfernter Verwandter.Er selbst soll nach albanischen Medienberichten seit kurzem untergetaucht sein.

Kommt die Justiz nun tatsächlich zu einem Ergebnis – wäre das in Albanien, wo Untersuchungen gegen hohe Politiker oder andere einflussreiche Personen bisher fast immer im Sande verliefen, ein echtes Novum.

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