Pessimismus macht Extreme plausibel
Es ist wohl angebracht, auch die extremste Variante ins Auge zu fassen.
Vielleicht kommt alles doch noch anders. Aber es ist wohl angebracht, so wie die Dinge in Frankreich stehen, auch die extremste Variante ins Auge zu fassen. Bei einer internationalen Untersuchung über den Grad des Pessimismus der jeweiligen Völker erlangten die Franzosen den Spitzenrang. Das ist natürlich absurd, und man kann an der Untersuchung zweifeln, wenn man weiß, dass sich Afghanen angeblich weniger pessimistisch zeigten.
Aber alles ist relativ, und gemessen an ihren Erwartungen als Bewohner eines der reichsten Länder der Welt gibt es sehr viele zutiefst verdrossene Bürger in Frankreich – über den Daumen gepeilt, noch mehr als in Großbritannien vor dem Brexit und den USA vor Trump. Manches ist nachvollziehbar: die Zahl der Haushalte, die mit immer knapperen Monatsenden zurechtkommen müssen, wächst ebenso wie die Masse der atypisch Beschäftigten. Die Arbeitslosigkeit ist doppelt so hoch wie in Österreich. Andererseits bleibt das soziale Netz verhältnismäßig eng gespannt.
Unter den beiden letzten Präsidenten, dem bürgerlichen Erneuerer Sarkozy gefolgt vom sozialistischen Heilsbringer Hollande, wuchs die Arbeitslosenzahl jeweils um 600.000. Die Exportbilanz sackte kontinuierlich ab, das Fabriksterben schien kein Ende zu nehmen. Die Mittelschichts-Steuern kletterten auf Rekordniveau.
Probieren wir mal was anderes, sagen sich viele – deshalb dürfte entweder die Nationalistin Le Pen oder der Links-Tribun Mélenchon in die Stichwahl gelangen, vielleicht auch beide. Der Schlüssel könnte bei den über 30 Prozent liegen, die noch unentschlossen sind.
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