Der Boston-Terror einte die USA

Der junge Attentäter verdient jetzt einen fairen Prozess vor einem ordentlichen Gericht.
Walter Friedl

Walter Friedl

Die wahre Größe einer Nation spiegelt sich im korrekten Umgang mit ihren Feinden wider.

von Mag. Walter Friedl

über die Bostoner Terroranschläge

Plötzlich war sie wieder da – die große Einheit einer großen Nation. Diese Geschlossenheit bricht immer dann eindrucksvoll hervor, wenn die USA angegriffen werden. Nach den Bostoner Anschlägen vor sieben Tagen und der darauffolgenden Horrorwoche waren die (politischen) Grabenkämpfe vorerst vergessen. Ganz Amerika war vereint in Trauer, Angst, Wut, aber auch Besonnenheit. Wenn’s drauf ankommt, stehen sie zusammen. Selbst wenn das von außen oft belächelt wird: Es ist genau diese Grundhaltung, die das Land so stark macht. Nach Boston ist es noch ein wenig stärker.

Da fügt sich jeder in sein Schicksal und leistet den Behörden fast bedingungslosen Gehorsam – wenn es denn der Bekämpfung des gemeinsamen Feindes dient. In Wien würden wohl die meisten der Empfehlung, den Wohnort nicht zu verlassen, nicht Folge leisten; Boston dagegen glich am Höhepunkt der Terroristen-Jagd einer Geisterstadt. Und als die erlösende Nachricht der Festnahme verbreitet wurde, kamen die Bürger wieder heraus mit ihren Stars-and-Stripes-Fahnen und blickten bereits nach vorne. Der Offensivspieler der Red Sox (Baseball) brachte es auf den Punkt: „Das ist unsere Stadt, niemand wird uns unsere Freiheit nehmen.“

Gratulation nach Boston: Ihr habt die schweren Stunden und Tage ohne große Hysterie, dafür mit viel Tapferkeit und Besonnenheit ertragen.

Letzteres ist jetzt auch im juristischen Prozess gefragt. Stimmen, den Terroristen als „feindlichen Kämpfer“ anzuklagen, sollten schnell zum Verstummen gebracht werden. Denn damit hätte er denselben Status wie die Guantanamo-Häftlinge. Nein, selbst ein Dschochar Zarnajew verdient ein faires Verfahren vor einem ordentlichen Gericht. Denn die wahre Größe einer Nation spiegelt sich auch im korrekten Umgang mit ihren Feinden wider.

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