Leben wir in einer Bananenrepublik?

Gegenseitige moralische Abwertung hat die politische Landschaft vergiftet. Zeit für einen Neustart – aller!
Martina Salomon

Martina Salomon

Gegenseitige moralische Abwertung hat die politische Landschaft vergiftet.

von Dr. Martina Salomon

über Politik in Österreich

Bundespräsident Fischer wünscht sich einen Vertrauensvorschuss für die Regierung. Verdient auch die Opposition einen? Nur zum Teil, und das ist das eigentliche Problem Österreichs: Es gibt keinen politischen Wechsel, weil man mit der FPÖ nicht koalieren will und kann. Und weil es keinen politischen Wechsel gibt, wird genau diese FPÖ immer stärker.

Bei Roten und Grünen gehört die Anti-FPÖ-Attitüde ja praktisch zur Parteifolklore. Wie schön, wenn man sich risikolos über andere moralisch erheben und wie die Wiener Grünen einen „Walk of Shame“ gegen den „Akademikerball“ der Burschenschafter veranstalten kann. Ist die Aggression, die sich da alljährlich gegen ein paar Hundert Ballgäste entlädt, eigentlich sympathischer als die Gedankenwelt der Deutschtümler im Frack?

Abseits des „Straßenkampfs“ arbeitet die Opposition durchaus einträchtig zusammen: Im Dezember etwa haben FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach einen Vier-Parteien-Abänderungsantrag zum neuen Lehrerdienstrecht eingebracht. Die FPÖ besteht ja nicht nur aus populistischen Schreihälsen. Das ist auch gar nicht notwendig, man weiß ohnehin, wofür sie steht.

Opposition bedeutet nicht Destruktion

Manche Themen fallen der FPÖ in den Schoß: So hat der konservative britische Premier Cameron gerade – ohne Widerspruch der oppositionellen Labour-Party – den Zugang von Ausländern zum britischen Sozialsystem erschwert. CSU-Chef Seehofer griff das prompt auf, jetzt folgt auch die CDU. Davor hat man europaweit aus Furcht vor Populisten so manches Problem der Einwanderungsländer schöngeredet. Eine Strategie, die nicht aufging, ganz im Gegenteil.

Würde ein in Österreich gelandeter Außerirdischer einer x-beliebigen Runde beim Politisieren zuhören, würde er glauben, in einer fürchterlichen Bananenrepublik gelandet zu sein. Der Appell des SPÖ-Kommunikationschefs Stefan Hirsch (via Presse), der nicht nur „Regieren Neu“ sondern auch „Opponieren Neu“ einfordert, ist daher nicht ganz unberechtigt. Wer sich gegenseitig nur beschimpft und (durch anonyme Anzeigen) sogar kriminalisiert, erntet eine gefährliche Verachtung für „die Politik“ im Gesamten. Natürlich soll die Opposition auch weiterhin den Finger in Wunden legen. Sie muss die Mächtigen kontrollieren, sollte aber bereit sein, realistische Alternativen anzubieten und so wie die Grünen in den Ländern auch Verantwortung übernehmen, was ein Mindestmaß an Seriosität voraussetzt.

Mit den Neos ist immerhin eine Partei ins Parlament eingezogen, die explizit mitregieren will. Ein bisschen weniger Flügelflattern und Bäume-Umarmen würden Matthias Strolz aber nicht schaden. Er ist selbstironisch genug, um als größte Gefahr für die Neos die Neos selbst zu sehen. Der Zeitpunkt für seinen Einzug ins Parlament ist nicht der Schlechteste: Die Opposition hat an Bedeutung gewonnen, die schwache Regierung braucht ihre Unterstützung – und in ein paar Jahren wohl einen neuen/weiteren Koalitionspartner. In den Monaten bis zur Europawahl wird sich zeigen, wer dafür geeignet ist.

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