Der Moment der Gummistiefel

Eine Naturkatastrophe macht Führungsstärke für alle Bürger sichtbar.
Stefan Galoppi

Stefan Galoppi

Wer gewählt werden will, muss wissen, wo die Gummistiefel stehen

von Dr. Stefan Galoppi

über Wirbelsturm Sandy

Wenn ein Politiker (wieder-)gewählt werden will, muss er im Ernstfall wissen, wo die Gummistiefel stehen. Das ist spätestens seit Gerhard Schröder bekannt: Am 14. August 2002 – sechs Wochen vor der Bundestagswahl – lag seine SPD sieben Prozentpunkte hinter der Union, die Macht schien verloren. Doch dann trat der sonst für seine teuren Anzüge bekannte Kanzler in wasserfestem Schuhwerk fernsehgerecht in Grimma an der Elbe auf, um die Auswirkungen der Jahrhundertflut zu besichtigen. Er zeigte Mitgefühl, hemdsärmelige Tatkraft – und riss das Ruder noch einmal herum.

Als Negativbeispiel in die Polit-Lehrbücher ging hingegen das Totalversagen von George W. Bush als Krisenmanager bei der Überflutung von New Orleans im August 2005 ein. Angesichts des Hurrikans "Katrina" präsentierte er sich überfordert, chaotisch – und wurde abgestraft.

Kardinalfehler verboten

Diesen Kardinalfehler will sich kein Politiker mehr nachsagen lassen, schon gar nicht wenige Tage vor alles entscheidenden Wahlen. Und so reagierten Barack Obama und Mitt Romney sofort auf Hurrikan "Sandy". Beide Präsidentschaftskandidaten änderten ihre Terminpläne. Sie wollten den Eindruck vermeiden, ihre Wiederwahl wäre ihnen wichtiger als die Angst der 50 Millionen betroffenen Menschen an der US-Ostküste.

"Commander-in-Chief" Obama zeigte sich in der Zentrale der Nationalen Katastrophenschutzbehörde, mahnte die Bürger mit sonorer Stimme zur Vorsicht und versprach für den Ernstfall rasche und unbürokratische Hilfe. Herausforderer Romney konnte naturgemäß weniger Führungskraft demonstrieren, schlug aber einen menschlich warmen Ton an. Im denkbar knappen Rennen um das Weiße Haus kann jetzt jedes Detail den Ausschlag geben – auch der rasche Griff zu den Gummistiefeln.

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