Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Martin Gebhart
Ein kleiner Vogel könnte den Bau einer Schnellstraße verhindern – eine Bewährungsprobe für die türkis-grüne Bundesregierung.

Der kleine Triel wiegt nicht einmal ein halbes Kilo. Der bräunlich gefiederte Vogel aus der Familie der Regenpfeifer wirkt auch eher unscheinbar. Dennoch hält er derzeit die türkis-grüne Koalition in Atem, weil er in der Praxis offenbart, was vom Programm der noch jungen Bundesregierung zu halten ist. Und wie in Zukunft im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Klimaschutz mit Straßenprojekten umgegangen wird.

Streitpunkt ist das Projekt der Marchfelder Schnellstraße S8, die von Wien bis Bratislava führen soll. Seit mittlerweile 15 Jahren warten die rund 18.000 Anrainer der Bundesstraße B8 darauf, dass sie durch die geplante Schnellstraße endlich entlastet werden. An die 35.000 Fahrzeuge stauen sich derzeit dort fast täglich durch Gemeinden wie Strasshof, Deutsch-Wagram oder Gänserndorf. Jetzt könnte endlich mit dem Bau der S8 begonnen werden, wenn da nicht der kleine Triel wäre. Seine Existenz macht Umweltschützer sicher, dass sich das Bundesverwaltungsgericht gegen das Straßenprojekt aussprechen wird. Weil der Vogel auf der geplanten Trasse seinen Brutplatz hat und dazu noch vom Aussterben bedroht ist. Unterstützung gibt es durch den Naturschutzgutachter.

Während man im Klimaschutz- und Verkehrsministerium noch pragmatisch auf den endgültigen Spruch des Bundesverwaltungsgerichtes wartet, erhöht sich mittlerweile der politische Druck auf die grüne Ministerin Leonore Gewessler. Auf der einen Seite weiß man von ihr, dass sie keine Freundin von solchen Straßenprojekten ist. Die Umweltschutzorganisationen erwarten sich auch, dass sie anhand der Marchfelder Schnellstraße den Beweis erbringt, dass von nun an Klimaschutz und Naturschutz mehr zählen als die Verkehrsentlastung durch neue Straßen. Was speziell bei der S8 auch die Position der niederösterreichischen Grünen ist. Auf der anderen Seite machen Bürgermeister und Bewohner aus der Region Druck, dass das langjährige Versprechen von der Asfinag endlich eingelöst wird. Mit einer Kampagne und einer Demonstration vor dem Ministerium.

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