Premiere: Sportler besiegt Funktionär

Premiere: Sportler besiegt Funktionär
Zündstoff: Schwimm-Präsident Paul Schauer ist zurückgetreten. Ein Abgang mit vielen Facetten. Dinko Jukic ist nur eine davon.
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

Eineinhalb Tage vor der Vorstandswahl in Linz ist Paul Schauer als Präsident des Österreichischen Schwimmverbandes zurückgetreten. Donnerstag, 15.30 Uhr, verfasste er eine diesbezügliche Presseaussendung.

 

Causa Jukic

Die Hintergründe: Schauer hatte ein nicht statutenkonformes Schiedsgericht einberufen, um den Olympia-Vierten Dinko Jukic wegen Beleidigung von Funktionären bei der EM in Debrecen für zehn Monate unbedingt und zwei Monate bedingt sperren zu lassen. Jukic ist nach dem Rücktritt von Markus Rogan Österreichs derzeit einziger Weltklasse-Schwimmer. Da besonders seit der olympischen Nullnummer von London, wo Jukic und die Segler Delle-Karth/ Resch die besten österreichischen Resultate erreicht hatten, die Funktionäre generell ins Kreuzfeuer der Kritik geraten waren, warf diese Sperre ein besonders schlechtes Licht auf die österreichischen Sport-Strukturen. Zumal der erst 23-jährige Jukic kompromisslos das Ende seiner Karriere und eine Klage gegen den OSV angekündigt hatte, falls der 65-jährige Paul Schauer im Amt bleiben sollte. Jukic bedankte sich am Donnerstag bei Paul Schauer: "Er hat sie richtige Entscheidung getroffen. Er hat auch ein Exempel für andere Verbände gesetzt." Dass erstmals in diesem Land ein Sportler gegen einen Funktionär gewonnen habe, wollte er so nicht ganz gelten lassen: "Nicht ein Sportler... der Sport hat gegen die Politik gewonnen."

 

Causa GmbH

Ein weiterer schwerwiegender Hintergrund des Rücktritts war die seltsame Struktur im Umfeld des OSV gewesen, die der KURIER vor einer Woche enthüllte: Der OSV gründete 1990 einen Verein (Pool des OSV). Dieser gründete 2005 eine Gesellschaft (Pool des OSV GmbH). Die Rechnungsprüfer des OSV, viele Vereinsfunktionäre und Landespräsidenten hatten nichts von der Existenz dieser GmbH gewusst, ehe sie nach den Berichten im KURIER eiligst vom OSV-Vorstand informiert wurden. Die Frage, warum nicht der OSV selbst diese GmbH gegründet hatte, wodurch sie der Kontrolle der OSV-Rechnungsprüfer zumindest indirekt unterlegen wäre, konnten weder Schauer noch Finanzreferent Walter Benesch stichhaltig beantworten. Tatsache ist auch, dass Benesch bisher nicht nur OSV-Kassier, sondern auch Vorstandsmitglied des Pool-Vereins und Geschäftsführer der Pool-GmbH war (und noch ist).

Causa Salzburg

Der dritte Hintergrund: Zu Beginn des Jahres hatte der OSV den Salzburger Landesverband unter dem dortigen Präsidenten Christian Schneeberger ausgeschlossen und durch einen Gegenverband ersetzt. Schneeberger, der die Ausschlussgründe für ungerechtfertigt und das Ausschlussverfahren für nicht rechtskräftig hält, drohte zuletzt mit mehreren Klagen gegen den OSV. Der Druck auf Schauer, der auch einer der drei Vizepräsidenten des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) ist, kam zuletzt auch aus den eigenen Reihen. Noch am Dienstag wurde jedoch in einer panisch einberufenen außerordentlichen Sitzung die "Liste Schauer" für die Wahl am Samstag aufgestellt und abgesegnet. Dort ging es auch um Anderes, wie Schauers kryptisch-kerniger Erklärung – zwei Tage danach – vermuten lässt: "Das inzwischen unerträgliche Niveau der Diskussionen um den Österreichischen Schwimmverband, welches auf bewusst gestreuten Gerüchten und Verleumdungen fußt, hat die Schmerzgrenze erreicht. Einzelpersonen, auf Basis von `Hörensagen`, in ein – aufgrund meiner ethischen und moralischen Grundmaxime – inakzeptables `Eck drängen zu wollen`, ist dabei nur eine weitere Facette. Für mich ist damit aber ein finaler Höhepunkt erreicht. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus hatten und haben im OSV während meiner Präsidentschaft keinen Platz. Ebenso lehne ich die mögliche Instrumentalisierung und Aktivierung derartiger Vorurteile für strategische Vorverurteilungen, im Interesse von persönlichen Zielerreichungen, kategorisch ab. Auf Drohungen und Nötigungen aufgebaute Aktivitäten, bzw. die Schaffung von Feindbildern, widersprechen zutiefst meinem persönlichen Grundverständnis von einem konstruktiven, menschlichen Umgang."

Paul Schauer war seit 2004 im Amt. Jetzt gilt der Wiener Unternehmer David Ungar-Klein als aussichtsreichster Kandidat für die Präsidentschaft. (Der KURIER brachte noch während der Spiele in London seinen Namen öffentlich ins Spiel.) Viele im OSV hatten in den letzten Tagen aufgrund der undurchsichtigen Umstände im und um den OSV die Seite gewechselt.

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