Die Katze, die keiner wollte

wunder WELT: Joachim Lottmann über das erschütternde Leben eines Haustieres.
Joachim Lottmann

Joachim Lottmann

Ich hätte nie gedacht, dass mich eine Tiergeschichte so empören könnte

von Joachim Lottmann

über das erschütternde Leben eines Haustieres.

Ich hätte nie gedacht, dass mich eine Tiergeschichte so empören könnte. Ich machte mir bisher nicht viel aus Tieren oder gar aus Haustieren. Um ehrlich zu sein: Ich hatte nie eines. Dafür hatten die Maria und ich eine Freundin, Rebecca. Und diese hatte eine Katze, Mitzi. Und einen Sohn, Oskar. Die Katze war extra für das Kind angeschafft worden. Doch schon nach einer Woche verlor es das Interesse an dem lebenden Spielzeug, missbrauchte es nur noch als Mitspieler in seinen intergalaktischen Kampfspielen. Rebecca musste sich allein um die Fütterung und das Katzenklo kümmern, was ihr äußerst missfiel. Und als Mitzi krank wurde, brachte unsere Freundin sie zum Tierarzt, um sie einschläfern zu lassen. Ihre eigenen Worte: „Im Wartezimmer saßen lauter weinende Leute mit ihren Hunden, das war so arg, dass ich einen Lachkrampf gekriegt hab.“ Der Arzt drehte die Katze hin und her, meinte dann todernst, Rebecca möge sich keine Sorgen machen, ihre Katze werde wieder gesund. Für 240 Euro gab er ihr eine Spritze, allerlei Tinkturen, daraufhin lebte sie weitere fünf Jahre unter ihnen. Mutter und Kind hassten sie. Dann zog der Bub aus. „Das ist doch eigentlich deine Katze, du solltest sie mitnehmen“, sagte Rebecca gewitzt. „Was zahlst mir dafür?“, entgegnete der Sohn brutal. Er bekam nun monatlich 100 Euro per Dauerüberweisung, damit er die Katze freiwillig ertrug. Jetzt, nach zwei Jahren, kam die Mutter darauf, dass er Mitzi sofort weggegeben hatte, das Geld aber weiter bezog. Sie hatte ihn nämlich gegoogelt und war dabei auf eine alte Anzeige gestoßen, auf einer Tier-Website, samt Foto mit ihm und Mitzi: „Geliebte junge Katze wegen Umsiedlung nach New York abzugeben“. Das geschundene Tier ist bei dem neuen Besitzer hoffentlich zur Ruhe gekommen. Und Rebecca kann sich ebenfalls ein neues Umfeld suchen. Eines ohne uns.

joachim.lottmann(at)kurier.at

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