über LEBEN: Sexy!?
Nina L. schreibt mir, sie finde meine Kolumne "sexy", was ebenso reizend wie unglaubwürdig ist. Aber ich bin der beliebtesten Kulturtechnik des Menschen, des Selbstbetrugs, durchaus mächtig, und fühl mich jetzt also sexy. Vielleicht widmet mir tv-media eine Schlagzeile. Die titelten ja einmal "Elisabeth Engstler: Ich fühl mich sexy". Seither warte ich auf Folgeschlagzeilen wie "Zabine: Ich mich auch" oder "Sido: Ich nicht, mein Freund" oder "Sarkissova: Ich bin die einzige hier, die sexy ist, und wenn ihr mir nicht glaubt, zieh ich mich sofort aus" oder "Bernhard Paul: Bitte nicht, wir glauben dir".
Nina L. wünscht sich von mir zum Dank für ihr Kompliment eine Kolumne darüber, was sexy ist. Ja, Nina, als ob ich das wüsste. Ich kann sagen, was ich nicht sexy finde. Wenn jemand in der Überzeugung, sexy zu sein, die Begeisterung der anderen in seinem Auftreten gleich mitkalkuliert. Das wirkt ungefähr so sexy, wie ein Kabarettist, der nach einer Pointe eine Pause macht, obwohl noch gar niemand lacht.
Was ich auch unsexy finde, ist das Altern. Ich sehe am Älterwerden keinen einzigen positiven Aspekt. Wir werden hässlicher, sturer, streitsüchtiger, bekommen Haare an unmöglichen Stellen und finden schlechte Musik gut. Wie die Pubertät, nur dass am Ende der Tod wartet und nicht die Maturareise. Wobei: Vielleicht ist der Tod ja eine einzige Maturareise, wer im Leben brav war, wird Juror beim Miss-Wet-T-Shirt-Contest, wer gesündigt hat, muss zur Aqua-Aerobic mit den Stargästen Conchita Wurst und DJ Ötzi.
Wissen Sie, was sexy ist? Schönheit PLUS Klugheit PLUS Humor PLUS Herzensbildung PLUS Stil PLUS Grazie PLUS ein exquisites Urteilsvermögen in Sachen Musik, Kleidung und Politik. Das Leben ist nicht fair. Wobei:
Manchmal doch: Wenn wir wen wirklich mögen, dann reicht unter Umständen auch ein schiefer Zahn zum Sexyfinden.
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