über LEBEN: Interessantes am Slayer-Konzert

über LEBEN: Interessantes am Slayer-Konzert
Wie Musik das Leben eines Metal-Fans verändern kann.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Auf dem Slayer-Konzert sah ich jemanden auf die Damentoilette gehen. Das sei keine interessante Geschichte, sagt ihr? Dann hört nur zu! Er wuchs in einem Dorf zwischen den Bergen auf. Bereits früh fühlte er, dass er anders war als die anderen. Oder besser: Dass die anderen anders waren. Er kam nur nicht drauf, was es war, das die anderen von ihm unterschied. Den anderen Burschen wuchsen Hautunreinheiten, Bärte und Aggressionen, ihm nur die Pickel. Auf den Feuerwehrfesten tranken sie Cola-Rot, zertrümmerten im Takt der Musik von DJ Ötzi Tische und verdroschen einander mit den Trümmern. Danach spieben sie hinters Festzelt und bestiegen an Ort und Stelle betrunkene Mädchen, was sich auf die Bevölkerungsstatistik des Dorfes positiv auswirkte. Er saß unbeachtet in einer Ecke. Nicht einmal verdreschen wollten ihn die anderen. Sie hatten es einmal versucht, aber da er sich nicht wehrte, war der Unterhaltungsfaktor gering. Als der aus der Stadt angereiste Discjockey als letztes Lied, zum Saalausräumen, "Raining Blood" von Slayer spielte, änderte sich sein Leben. Plötzlich stand er allein auf der Tanzfläche und fühlte sich zum ersten Mal verstanden, geborgen und umarmt, von dieser hemmungslos brüllenden Musik. Eine Zeit lang dachte er, er hätte seine Bestimmung gefunden, als einziger Metal-Fan des Dorfes. Doch bald merkte er: Das war noch nicht alles. Es gab noch mehr, das auf ihn wartete. Am Tag des Konzerts zog er das Gewand an, das er so lange versteckt gehalten hatte. Als er über den Dorfplatz zur Bushaltestelle ging, wusste er: Jetzt begann sein neues Leben ... So könnte es gewesen sein. Oder auch ganz anders. Aber ich sage euch: Er sah großartig und würdevoll aus, als sie in Lederminirock, Netzstrümpfen, Perücke und ausgestopftem Slayer-Top ins Damenklo stöckelte.

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