über LEBEN: Bioresonanz
Der Malz und ich haben beide abgenommen. Schön für mich, schlecht für den Malz. Ich hatte schon fast 100 Kilo, dabei fühle ich mich bei 75 am wohlsten. Dorthin bin ich jetzt hurtig unterwegs, und zwar ohne zu hungern, nur, indem ich Weizen weglasse. Das hat man mir nach so einer lachhaften Bioresonanzuntersuchung empfohlen, einer beschämend peinlichen Hokuspokus-Angelegenheit, die nie funktionieren kann, aber trotzdem rinnen die Kilos nur so davon. Na gut, werdet ihr sagen, Weizen ist ja auch überall drin, das heißt, du isst gar nichts mehr. Stimmt, Weizen ist überall drin, kann aber auch überall ersetzt werden, durch Roggen, Dinkel, Kamut und wie diese Gutmenschen-Körner alle heißen, insofern esse ich alles. Der Malz hat abgenommen, weil sein Körper nach seiner Zergatschung im Zuge eines Motorradunfalls nur noch bedingt sportfähig ist, und ohne Sport hat der Malz gar keinen Hunger. Der Malz ist der einzige Mensch, der so schnell isst wie ich. Ich esse schnell, weil ich gern esse. Der Malz isst schnell, weil er es hinter sich bringen will. Essen ist für ihn eine unproduktive Notwendigkeit, zu der ihn die Natur zwingt. Am liebsten würde der Malz zu einer Tankstelle fahren und sich den Zapfhahn irgendwo hineinstecken, nur damit es schneller geht. Wenn man den Malz nicht ans Essen erinnert, vergisst er ganz darauf, und merkt erst nach zwei Tagen, dass er schon seit drei Tagen bewusstlos ist. Ich schau dem Malz besorgt zu, wie er immer weniger und fast schon durchsichtig wird. Schwimmen dürfte er, aber da graust es ihm zu sehr vor den anderen Menschen im Becken. Immerhin spielt der Malz schon wieder so gut Schlagzeug, wie vor dem Unfall, und auf Def-Leppard-Witze reagiert er bereits sehr humorlos, was Anlass für Hoffnung gibt. Wer trommelt, kriegt Hunger. Leider spielt seine Band so selten.www.guidotartarotti.at guido.tartarotti(at)kurier.at
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