Katholizismus

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Dem Katholizismus geht es sichtlich gut, nur wohnt er heute in Südamerika.

von Guido Tartarotti

über Katholizismus.

Jetzt ist es ja so, dass ich Angst vor Menschenmassen habe. (Wobei ich "Massen" mit "Mehr als zwei" definiere.) Dennoch beschließen wir, am Sonntag auf den Petersplatz zu gehen. Wunderbare antike Steinhaufen haben wir schon gesehen; die Stelle, wo Cäsar ermordet wurde (dort sitzt ein betrunkener Sandler und streichelt eine dreifärbige Katze); ein herrliches Fischlokal mit einem schwulen Lazio-Fan als Wirt; einen prächtigen, gigantischen Palazzo, der einer Familie gehört, mit der ich, glaube ich, um 17 Ecken verwandt bin (wir haben kurz in Erwägung gezogen, anzuläuten und mit den Worten „Mir waratn jetzt do“ mein Erbe einzufordern). Und natürlich etwa 2.500 Kirchen, die alle von Bramante gebaut und von Michelangelo gestaltet wurden oder umgekehrt.

Die größte Attraktion Roms aber ist der Katholizismus selbst, und den besichtigt man am besten am Sonntag auf dem Petersplatz, denken wir uns. Durch die Via Ottaviano kämpfen wir uns Richtung Vatikan vor. (In der Via Ottaviano hat ein Freund von mir einmal gespieben, weil ich unwissentlich seine Schokolade gegessen hatte, worauf er aus Wut eine halbe Flasche Wein auf Ex trank, was er nicht vertrug, weil wir erst 15 Jahre alt waren, und ja, ich weiß, das klingt sehr merkwürdig, aber ich schwöre, die Geschichte ist wahr.)

Auf dem Petersplatz sind ein paar Menschen mehr als zwei, nämlich um etwa 149.998 mehr, grob geschätzt. Sie alle jubeln einem Fenster zu, hinter dem Papst Bergoglio gar nicht ist, weil er auswärts weilt. Die meisten tragen argentinische Farben, viele Teamdressen, auf denen entweder „Messi“ steht oder ein Bild des Papstes zu sehen ist, und lachen und tanzen. Dem Katholizismus geht es sichtlich gut, nur wohnt er heute in Südamerika.

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