Gebildete Sprache
Unlängst wagte ich mich in eine Kultursendung im Radio und bekam zu hören: „ Es handelt sich dabei um die künstlerische Manifestation einer Ästhetik des Ephemeren.“ Gerade, als ich begann, mir existenzielle Fragen zu stellen („Wie viel ist 23 mal 98? Wo geht’s hier zur nächsten Flasche Schnaps? Und wobei bitte handelt es sich um die künstlerische Manifestation einer Dings?“) kam auch schon die Antwort: Es ging um eine „performative Installation“.Wo steht eigentlich die Schule, in der man Kulturheinis abtrainiert, sich wie normale Menschen auszudrücken?Ich muss, wenn ich derart ephemeres Geschwätz höre, immer an meine frühere Nachbarin denken. Meine Nachbarin war eine einfache Frau, die sich ihrer Einfachheit schämte und daher versuchte, sie durch etwas zu tarnen, was sie für eine gebildete Sprache hielt. So war meine Nachbarin nicht von der Idee abzubringen, das Wort „weil“ sei irgendwie primitiv und einer niveauvollen Konversation nicht zuträglich. Also ersetzte sie es hartnäckig durch „indem“, was zu sprachlichen Auffahrunfällen führte: „Indem ich jetzt Durst habe, möchte ich bitte Wasser “. Komischerweise haben viele Menschen, wenn sie sich gewählt ausdrücken wollen, Scheu vor dem Wort „weil“. Unlängst las ich auf einer Homepage: „Aufgrund dessen, dass wir unsere Seite erneuern, sind wir einige Tage offline.“Und nun zu Popstar David Guetta, der heute in Wien seiner Tätigkeit nachgeht. Über ihn schrieb die Zeitschrift „Musik-Express“: „Guettas Musik ist wie ein rosa Frotteeschlüpfer – unreformierbar hässlich.“ Das sind schöne, weil wahre Worte. Falls Sie vorhaben, heute zu David Guetta zu gehen: Überlegen Sie es sich noch einmal. Denn Guettas Musik ist die künstlerische Manifestation einer Ästhetik des Ephemeren, also des Flüchtigen. Mit anderen Worten: Ein Schas im Wald.
guido. tartarotti(at)kurier.at
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