Aufgeregte Medien
Unlängst waren alle Medien ganz aufgeregt. Gut, das ist jetzt vielleicht kein idealer erster Satz. Die Medien sind immer aufgeregt. Medien handeln mit Aufregung, nicht mit Nachrichten.
Also: Unlängst waren alle Medien ganz aufgeregt wegen der Kate Moss. Weil: Die Kate Moss war in Wien, aber niemand hat sie gesehen. Fellners Kasperlpost – das an journalistischer Dauererrektion laborierende Zentralorgan der Aufregung – schrieb sinngemäß: Kate Moss hat offenbar in Wien Essen zu sich genommen, Taxis benutzt, Spaziergänge gemacht – aber niemandem ist etwas davon aufgefallen. (Schlimmer noch: Kate Moss ist in Wien vermutlich sogar aufs Klo gegangen, ohne bemerkt zu werden. Was sagt das über unsere Zivilgesellschaft aus?)
Mich wundert das ja nicht. Kate Moss sieht nämlich nicht aus wie Kate Moss. Wenn sich Kate Moss nicht mit Hilfe ihrer Visagisten als Kate Moss verkleidet, sieht Kate Moss aus wie eine kleine, blasse Frau mit zausigen Haaren, Augenringen und Akne. Ich weiß das, denn ich stand einmal bei einem sehr faden Santana-Konzert in London zwei Stunden lang neben ihr, ohne sie zu erkennen. Bis mir jemand zuflüsterte: "Geil! Du stehst neben Kate Moss!" Mir entfuhr der politisch nicht korrekte Satz "Was, die kleine Schiache ist Kate Moss?", für den ich mich aufrichtig entschuldigen möchte.
Die wenigsten Stars sehen sich ähnlich. Deshalb mag ich Keith Richards und Lemmy, Ernst Molden und Dieter Chmelar, Molti, Spotzl, Eigi und Pichla (denen ich kürzlich in einem Wiener Kino dabei zusah, wie sie sich selbst auf der Leinwand zusahen) oder Michael Niavarani (der dieser Tage in der Lindengasse aus einem Taxi stieg). Oder meinen Nachbarn Kurt – sie alle sehen aus wie sie selbst. Und ich mag unaufgeregte Zeitungen. Wie diese hier.
Guido Tartarottis Kabarettprogramm " Heini Hemmi": Nächste Vorstellungen am 3. November (Stadttheater Walfischgasse), 30. November (Theater am Alsergrund).
guido.tartarotti(at)kurier.at
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