Barfuß auf den Großglockner

"Bei dir kommt man wirklich kaum zu Wort!"
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Die Dogge ist, wenn sie will, erstaunlich schlau. Sie kann beispielsweise das Geräusch einer sich öffnenden Hundefutterdose exakt vom Geräusch einer sich öffnenden Menschenfutterdose unterscheiden. Und sie merkt sich Menschen, die sie mag, auch wenn sie sie selten sieht, etwa den netten Mann von der Firma Belfor oder meinen Vater.

Unlängst waren wir wieder einmal mit meinem Vater wandern, im Wienerwald. Die Dogge liebt meinen Vater, obwohl er sie „Mädi“ nennt (die Dogge heißt Ivy, was mein Vater als „Weibi“ missversteht und sich dann als „Mädi“ falsch merkt).

Wandern mit meinem Vater geht so: Während man im Gatsch auf und ab marschiert, erläutert er die Weltlage, die Unfähigkeit von Politikern, Gewerkschaftern und Lehrern (er kennt sich aus, er war selbst einer), den Erbschaftsstreit nach Udo Jürgens und die Formkurve von Roger Federer, erzählt zum 273. Mal die Geschichte von der Blondine auf der Felseralm, referiert über Hunde, Urlaube, Pilze, Leichtathletik, Kindererziehung, Kubanerinnen, Burgtheaterinszenierungen (die er nie gesehen hat), die Rolling Stones, erklärt nebenbei Käfer, Sträucher und Schmetterlinge, beschimpft entgegenkommende Radfahrer und Hundebesitzer, flirtet mit einer jungen Joggerin (und flüstert mir dabei „Die ist zu dick“ zu) und ruft dazwischen immer wieder zusammenhanglos Dinge wie „Wir leben in einer Leistungsgesellschaft!“ oder „Ratio vor emotio!“ oder „Man kann nicht barfuß auf den Großglockner!“.

Nach drei Stunden sind wir wieder beim Auto, ich sage „Darf ich auch einmal etwas sagen?“, er antwortet „Bei dir kommt man wirklich kaum zu Wort.“ Dann sagt er zum Hund „Braves Mädi“, der Hund fiept glücklich, und dann sagt er zum Abschied den wunderbaren Satz: „Ich hab komischerweise eine kleine Neigung zum Vorträgehalten.“

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