Der Lokführer konnte nicht mehr ausweichen

Sprachpannen-Jahresrückblick, Teil 1.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Journalistisches Arbeitsleid ist kein Thema für journalistische Texte, lernte ich als Anfänger. Wenn man Semmeln kauft und die sind schief und krumm und verbrannt, dann wird es dem Kunden wurscht sein, wie viel Stress der arme Bäcker im Beruf hat, er will trotzdem lieber unschiefe, unkrumme und unverbrannte Semmeln, bittedanke höflichst.

Unser traditioneller Pannen-Rückblick braucht aber eine Einleitung: Die Rahmenbedingungen journalistischen Arbeitens haben sich völlig verändert. Immer weniger Journalisten produzieren in immer kürzerer Zeit immer mehr Texte für immer mehr Medienformate. Fehler wie „Der Klimavertrag bedeutet einen De-facto-Ausstieg für Öl, Gas und Kohl“ passieren uns nicht zwingend, weil wir so blöd oder ungebildet sind, sondern vielleicht deshalb, weil es vier Uhr früh ist und wir noch einen Text für Online schreiben müssen, aber bereits die Tastatur nicht mehr sehen vor lauter Müdigkeit.

Das soll keine Ausrede sein. Wir haben trotzdem die verdammte Pflicht, ordentliche Semmeln zu backen. Aber diese Sprachpannen haben auch einen positiven Aspekt (jedenfalls für mich): Sie sind lustig. Dass der Konsum von Kohl zur Emission von Treibhausgasen beitragen kann, das ist ja, äh, nicht nur eine windige Behauptung, sondern eine zwar unfreiwillige, aber gute Pointe.

Schön ist auch, was eine Leserin auf Radio Wien hörte: „(...) dass bei einem Fiakergespann die Pferde durchgegangen sind und gegen mehrere Autos gekracht sind. Eines davon musste eingeschläfert werden.“ Ein tragischer Unfall, gewiss, aber es ist beruhigend zu wissen, dass Autos bei Totalschäden nicht einfach verschrottet, sondern eingeschläfert werden. Die Krone wieder meldete über einen Zusammenstoß zwischen Zug und Auto: „Der Lokführer konnte nicht mehr ausweichen.“

Nächste Woche dann: Die ausgebadete Suppe.

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