Ist das nicht toll?
Adam, Eva und der Schirmchendrink der Erkenntnis.
Alle paar Jahre, wenn wir genug Geld zusammengespart haben, fliegen meine Freundin und ich ins Paradies. Meine Freundin genießt die Zeit im Paradies über alles. Sie strahlt wie ein Atomkraftwerk, verliert alle übers Jahr angelernten Zivilisationskrankheiten und findet alles schön: Schau, da ist ein Delfin, ein Sonnenuntergang, eine Seeräuberbucht, eine Straße, ein Glas Wasser, ein Stein – ist das nicht toll?
Und ich antworte, ja, ganz toll, und versuche, mir nichts anmerken zu lassen.
Denn ich finde das Paradies immer nur vorher und nachher toll, währenddessen nicht.
Das Paradies – meist eine Insel in der Sonne, auf der vor allem Sand, Palmen und Schirmchendrinks wachsen – macht mich in erster Linie depressiv. Während meine Freundin glücklich Getränke schlürft, die so aussehen, als habe man die Familie Barbapapa in den Mixer gesteckt, starre ich trübe vor mich hin und sage in regelmäßigen Abständen: Ja, ganz toll. Das Wesen des Paradieses besteht ja darin, dass es eben paradiesisch ist. Dort ist alles schön, gut, perfekt. Und das verstehe ich als einzigen Verweis darauf, dass ich das alles nicht bin. Das Paradies hat nur eine Botschaft: Du gehörst hier nicht her, denn du störst die schöne Aussicht.
Ich glaube ja, damals war das so: Adam und Eva bekamen von der Schlange den Schirmchendrink der Erkenntnis gereicht und plötzlich wurde ihnen klar: Wir stören hier nur, denn wir sind schiach, dumm, menschlich. Und in diesem Moment kam der Hoteldirektor, riss ihnen das Armband ab und sagte: Ihr Flughafenbus kommt um Mitternacht, das Zimmer ist aber ausnahmslos schon um sieben Uhr früh zu räumen.
(Hinweis an alle Tugendwächter und Imkellerlacher: Ja, viele Menschen wären froh, wenigstens nicht in der Hölle leben zu müssen, geschweige denn, einmal einen Schirmchendrink auch nur sehen zu dürfen. Das stimmt. Ich glaube jedoch nicht, dass es denen besser geht, wenn wir nie wieder lachen – vor allem über uns selber.)
Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" läuft am 28. April im Wilheringerhof, Klosterneuburg, am 6. Mai im Kulturcentrum Wimpassing, am 23. Mai im Theater am Alsergrund, am 31. Mai in der Kulisse Wien und am 8. Juni im Casino Baden.
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