Psychogeschmeiß

Michael Fleischhacker

Michael Fleischhacker

Der Luschenzeitgeist giert nach dem Weichen.

von Michael Fleischhacker

Über den Luschenzeitgeist

Fast hätte ich es wieder getan. „ Psychogeschmeiß“ produziert, wie Herr R. das in seinen Lehrer-Lämpel-Mails nennt. Geht eigentlich gar nicht, sprachlich. Außer man übersetzt es frei mit „Seelenungeziefer“, dann ist es schön und poetisch, hat aber mit dem nichts zu tun, was Herr R. sagen will, falls er etwas sagen will. Anyway: Fast hätte ich also wieder irgendein depressives Psychogeschmeiß in die Welt gesetzt, da fiel mir ein Text in die Hände, in dem jemand Robert Spaemann zitiert: „Wer vom Journalismus leben will, ist gezwungen, etwas in einem Augenblick zu Papier zu bringen, wo er eigentlich noch ein bisschen nachdenken müsste.“

Also dachte ich noch ein wenig nach und blätterte in Ernst Jüngers Essay „Über die Linie“, den mir ein Kollege gerade als Gastgeschenk mitgebracht hatte. Stammt aus einer Festschrift zum 60er von Martin Heidegger, ist also schon ein paar Monate alt. Mein Freund hätte mir natürlich auch was Aktuelleres von Paulo Coelho mitbringen können, aber er weiß, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: Coelho lesen oder meinen Wein trinken.

Jünger also schreibt in diesem Text über den Nihilismus: „Der kennt am wenigsten die Zeit, der nicht die ungeheure Macht des Nichts in sich erfahren hat, und der nicht der Versuchung unterlag.“ Wer in der Höhle der eigenen Brust den andrängenden Dämonen widersteht, verändert die Welt und sorgt dafür, dass das Nichts zurückflutet: „Es wird dann seine Schätze auf der Strandlinie zurücklassen. Sie werden die Opfer aufwiegen.“

So ist es, aber man sagt es heute nicht mehr so. Klingt dem Luschenzeitgeist und seinen Schreibprinzessinnen zu sehr nach Heldenpsychose und faschistoider Stilisierung. Der Luschenzeitgeist giert nach dem Weichen. Das muss mit der Konsistenz der involvierten Gehirne zu tun haben.

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