Melancholische Magnolien
Magnolie, Trost und Zuflucht der Melancholiker, mein lieber Herr Gesangsverein, das macht was her.
Die erste blühende Magnolie des Frühlings haut mich jedes Jahr um. Die Kombination aus der großen und der kleinen Magnolie, der Kirsche und der Weichsel, die ich dieser Tage wie schon so oft während der Verrichtung niederer Gartendienste vor blauem Himmel zu sehen bekam, hat mich vollständig geplättet. „Magnolia“ ist übrigens einer meiner Lieblingsfilme. Er endet mit dem während des ganzen Films durch subtile Hinweise auf Exodus 8,2 angekündigten, großen Froschregen. Und mit dem Satz, den unsereins gern auch mal persönlich nimmt: „Wir haben mit der Vergangenheit abgeschlossen, aber die Vergangenheit nicht mit uns.“
Etymologischer Schlauberger, der ich bin, dachte ich, nicht unraffiniert, wie ich zugeben muss, dass meine Liebe zur Magnolie auch damit zu tun haben könnte, dass es sich dabei offensichtlich um eine Zusammenziehung aus magna melancholia handelt. Magnolie, Trost und Zuflucht der Melancholiker, mein lieber Herr Gesangsverein, das macht was her. Leider nein. Keine Zusammenziehung, sondern ein Botaniker. Franzose ausgerechnet, Pierre Magnol. 245 Arten wurden bisher identifiziert und nach dem Herrn Botaniker benannt. In Mitteleuropa kultiviert man davon nur etwa ein Dutzend, weltweit sind 135 vom Aussterben bedroht. Hätte sich meine elaborierte etymologische Theorie aufrecht erhalten lassen, hätte mich das ernsthaft besorgt, denn 135 Melancholien weniger kämen einer akuten Gefährdung der Psychosphäre gleich, falls es so etwas gibt. Dass sich heutzutage jeder Viertelprominente für ein Projekt zur Rettung der Biodiversität einspannen lässt, während die Psychodiversität durch exzessive Medikamentenverabreichung immer mehr eingeschränkt wird, ist übrigens ein Riesenskandal. Genießen Sie den Frühling.
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