Die Natur des Menschen
Ich glaube, dass die Rache der Natur an den Söhnen darin besteht, dass sie am Ende so werden wie die Väter.
Als wir neulich im schönsten Hotel der Welt über „Das gute Leben“ diskutierten, kam die Sprache auch auf Väter und Söhne und welche Rolle das Vorbild unserer Väter für unsere Vorstellung von einem guten Leben spielt.
Mein Freund, der Wirt, sagte, dass er momentan mittendrin sei in diesem Spannungsfeld: Reibung mit dem Vater, Reibung mit dem ältesten Sohn, dessen Vorstellungen mit seinen eigenen derzeit nicht sonderlich gut zusammenpassen. Ich glaube, dass die Rache der Natur an den Söhnen darin besteht, dass sie am Ende so werden wie die Väter. Und zwar genau in den Dingen, die sie an ihnen am meisten gehasst haben.
Das ist übrigens auch die Rache der Natur an den Vätern, denn die hassen die Dinge, die ihre Söhne am meisten an ihnen hassen, ohnehin auch selber am meisten an sich, und wenn sie die dann an ihren Söhnen wieder sehen, könnten sie sich die Haare raufen, wenn sie noch welche hätten.
Die Natur des Menschen ist überhaupt das, was wir meistens übersehen, wenn wir darüber reden, wie wir uns selbst und das Leben und unsere Beziehungen und die Welt gerne hätten. Ist auch in Ordnung so: Wir nennen diese kunstvoll hergestellte Illusion unserer Emanzipation von den im Verborgenen wirkenden Kräften Kultur oder Zivilisation. Und ohne Kultur und Zivilisation wären wir auch nicht viel hübscher anzuschauen als die Egozombies, die im Psychomenschenpark unserer öffentlich-rechtlichen Tanzshows vorgeführt werden. Lasst uns also mit unseren Söhnen weiterkämpfen, auch wenn wir wissen, wie es ausgeht.
Der Kampf ist der Weg ist das Ziel. Wenn ich bedenke, was sonst noch alles aus ihnen werden könnte, neige ich auf meine alten Tage zu der Ansicht, es sei ohnehin besser, sie werden so wie ich. Das mögen sie, glaube ich, besonders nicht an mir.
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