Wenn Medaillen kein Türöffner sind

Am WM-Schauplatz werden Olympiasieger und alpine Legenden zu No Names.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Peinlich nur, wenn einer Frau der Einlass verwehrt wird, die mehr Weltcupsiege errungen hat als all die Feiernden mitsammen

von Wolfgang Winheim

über das Österreich-Haus bei der Ski-WM

Sechs Medaillen schon vor dem Nationenbewerb. Da kann’s schon passieren, dass bei der Ski-Nation Nummer 1 der Blick vom vielen Feiern getrübt und nicht für jedermann Platz im Österreich-Haus ist. Peinlich nur, wenn einer Frau der Einlass verwehrt wird, die mehr Weltcupsiege errungen hat als all die Feiernden mitsammen. Im Deutschen Haus von Vail, wo Hubertus von Hohenlohe als unbeabsichtigter Seitenblicker Annemarie Moser-Pröll entdeckte, war die österreichische Jahrhundertsportlerin (ORF-Publikumswahl 2004) hingegen ein willkommener Gast.

Stunden zuvor hatte der rasende Prinz bei einer gemeinsamen Sesselliftfahrt mit Ted Ligety seinen Ohren nicht getraut, als ein neben den beiden sitzender amerikanischer Ski-Tourist zu Ligety fragend sagte: "Bist du auch hier, um Lindsey zu sehen?"

Lindsey Vonn wurde trotz ihrer vielen Siege erst durch die Liaison mit Tiger Woods in den USA so wirklich zum Begriff. Mikaela Shiffrin hat, seit sie als erst 18-Jährige Olympia-Gold holte, im nordamerikanischen Bekanntheitsranking Bode Miller überholt.

Dass Ted Ligety im Riesenslalom neue Maßstäbe setzte und er 2013 in Schladming mit Riesenleistungen auch in anderen Bewerben zum Mann der WM wurde, hat sich in den USA nie wirklich herumgesprochen. Vielleicht auch, weil seine außergewöhnliche Sportkarriere nicht von Skandalen, dramatischen Stürzen oder Affären mit irgendeinem Popsternchen geprägt war und ist.

Ted wird "nur" von einer Fußballspielerin aus Utah durch den Skizirkus begleitet. Und Soccer erfreut sich bekanntlich an den Highschools ungleich mehr Beliebtheit als bei den US-Medien. Bis zu Letzteren war nie eine Begebenheit mit Ligety vom 3. Jänner 2009 durchgedrungen, die heute auch einem Skisportler aufs Titelblatt in den USA verhelfen würde, zumal sie inzwischen undenkbar wäre.

Wladimir Putin hatte die Torlauf-Weltelite im Anschluss an den ersten Moskauer Parallelslalom spontan zu einem Kurzausflug nach Sotschi eingeladen. Dort erlebten Moskau-Sieger Felix Neureuther, Mario Matt, Reinfried Herbst, Giorgio Rocca, Manfred Mölgg, ÖSV-Sportdirektor Hans Pum und Putin-Freund Karl Schranz einen zunächst (gut) Ski fahrenden und danach glänzend gelaunten Putin, worauf sich Ted Ligety nach einer Folklore-Aufführung und einem opulenten Mahl grinsend mit den Worten "Super, Mister President" für den erlebnisreichen Tag bedankte und Putin einen Sticker "Vote Obama" auf dessen Ski-Pullover drückte.

Der Schreiber dieser Zeilen, der Stunden zuvor dem mächtigsten Russen im Gedränge (jeder Rennläufer wollte ein Autogramm) irrtümlich auf dessen französische Skier gestiegen war, durfte damals in Sotschi Zeuge sein. Geduldet von sehr zurückhaltenden Securitys.

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