Verhängnisvolle Eigentore

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Twitter und Facebook, sagt Schröcksnadel, interessieren ihn nicht.

von Wolfgang Winheim

über neue Medien und Sport

Noch mehr als Skier, Fahrstil und Pisten haben sich Kommunikation und Medien verändert.

Der ORF, der schon bei der Generalprobe im Vorjahr mit der bisher besten Übertragung eines Weltcup-Finales brilliert hatte, wird morgen mit doppelt so vielen Kameras (40) im Bilde sein wie bei der WM 1982.

Die Einsatzzentrale befindet sich im Schladminger Zentrum in einem (50.000 Miet-Euro teuren) Bau aus Glas und Holz. Nach WM-Ende wird er abgebaut. Schon am Mittwochabend zitterte der mobile TV-Palast bis in seine Grundfesten, woran nicht die Fußball-Übertragung aus Wales schuld war, die über Großbildschirme flimmerte. Als auf der gegenüberliegenden Bühne Opus ihren einzigen – pardon: einstigen – Welthit anstimmten, stürmten ORF-Sportchef Hans-Peter Trost und Armin Assinger hinaus auf den ORF-Balkon. Mit „Live is Life“ hatte Opus 1986 weltweit die Charts gestürmt. Zu Zeiten, zu denen der oberste TV-Sportler Trost noch ein Wiener Unterliga-Tormann und Quizmaster Assinger noch ein selbstbewusster Speed-Pilot gewesen war.

Als nach Opus auf der Bühne der Medal Plaza DJ Ötzi bei minus vier Grad den Lärmpegel erhöhte, da leerte sich die warme TV-Stube komplett, da kehrte alles dem Fernsehfußball aus Wales den Rücken, obwohl Marko Arnautovic und David Alaba gerade in dieser Phase einige Gustostückerln gelangen.

Einen kräftigen Outeinwurf von ORF und Bühne entfernt verkam der Fußball erst recht zum Nebenschauplatz. Dort legte Ski-Präsident Peter Schröcksnadel so richtig los, wobei ihn das 1:2 in Swansea („Wie kann man nur gegen Wales verlieren?“) im Moment noch am geringsten tangiert.

Der nie mundfaul gewesene Tiroler empfindet’s als himmelschreiende Ungerechtigkeit,

... wie seine Millionenshow (= Eröffnungszeremonie) kritisiert wurde;

... wie nach zwei medaillenlosen Rennen bereits von einer ÖSV-Krise die Rede ist;

... und wie Rennläufer-Aussagen fehlinterpretiert werden.

Twitter und Facebook, sagt Schröcksnadel, interessieren ihn nicht. Das ist (für einen 71-Jährigen) nachvollziehbar und realitätsfern zugleich.

Auch der Präsident und seine linientreuen Trainer müssen sich damit abfinden, dass immer mehr Sportler ihre – für Funktionäre nicht immer angenehme – Meinung online und damit schriftlich platzieren.

Früher pflegte die Sportprominenz, wenn das Echo zu heftig ausfiel, nach Interviews gern mit Dementis zu reagieren. Oder nach Politikervorbild die Schuld den Medien zu geben, die alles erfunden hätten.

Im Online-Zeitalter sind solche Rückzieher schwieriger. Und so wird so manches über Twitter Verbreitete nicht nur im Fußball zum Eigentor.

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