Wien darf nicht Linz werden

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Nur darf die Renovierung nicht enden wie in Linz, wo 32 Millionen ins Gugl-Stadion investiert wurden.

von Wolfgang Winheim

über Stadienpläne

Tormann Manuel Neuer oder Abwehr-Riese Jérôme Boateng? Wer tritt die Nachfolge von Bastian Schweinsteiger an, der heute die deutsche Nationalelf gegen Finnland zum letzten Mal aufs Feld führt? Beim großen Nachbarn, wo Sport einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert genießt und Kanzlerin Angela Merkel soeben Verteidiger Boateng öffentlich interviewen durfte, ist die Kapitänsfrage dominantes Boulevard-Thema.

In Österreich ist sie entschieden. Julian Baumgartlinger wird anstelle des teammüden Christian Fuchs die erste Ansprechperson für Schiedsrichter bzw. bei Prämien- und anderen Verhandlungen für ÖFB und Teamchef sein.

Der Leverkusen-Legionär ist eine gute Wahl. Topfit auch im Köpfchen. Von Baumgartlinger hatte schon Teamkapitän-Vorvorvorvorvorgänger Manfred Zsak geschwärmt, als dieser Nachwuchs-Teamchef bei der U-19-EM und Baumgartlinger dessen Musterschüler war.

Beim ersten Auftritt in seiner neuen Rolle überreichte der Salzburger Lehrersohn Baumgartlinger dem einstigen Wiener Lehrer Alfred Ludwig bei dessen Abschiedsabend im Kursalon Hübner eine Uhr. Ludwig geht als Generaldirektor in Pension beim ÖFB.

Dort gab Ludwig, der einst auch Disc-Jockey im Volksgarten gewesen war, mehr als 30 Jahre den Ton an. Seine Kickerkarriere indes hatte sich – wie Ex-ÖFB-Boss Beppo Mauhart in einer 45-minütigen Laudatio zum Gaudium der Nationalspieler verriet – auf eine einzige Wiener-Liga-Minute beschränkt, als Ludwig von der Ersatzbank des NAC ausgeschlossen wurde.

Ludwig entwickelte sich vom schmächtigen Bürscherl zum Funktionärs-Schwergewicht. Gefördert von vier ÖFB-Präsidenten. Nicht weniger als 19 Obersportchefs der Politik hat Ludwig zudem in seiner Amtszeit erlebt. Der aktuelle Sportminister Hans Peter Doskozil dekorierte Ludwig anlässlich seines Abschieds mit dem Ehrenzeichen der Republik und halste ihm zugleich eine schwere Bürde auf. Indem er Ludwig als Projektleiter für ein Nationalstadion vorschlug.

Das Happel-Stadion ist nicht mehr zeitgemäß. Doch zum Neubau fehlt neben Geld in Zeiten wie diesen auch das Verständnis des – gegenüber Sport-Projekten generell skeptischen – Steuerzahlers. Weshalb die Politik bestenfalls eine Kosmetik des Ovals wagen wird. Nur darf die Renovierung nicht enden wie in Linz, wo 32 Millionen ins Gugl-Stadion investiert wurden, ohne dass der Besucher etwas davon merkt.

Doch gleichgültig ob Neubau oder Facelifting – es wäre eine Sensation, dürfte Kapitän Baumgartlinger, 28, auch noch einmal in eine modernere Prater-Arena einlaufen.

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