Schlechte Karten

Wolfgang Winheim
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Zum Weinen, dass für die beiden Ausnahmekönner die WM zu Ende ist.

von Wolfgang Winheim

über FIFA und Brutalität auf dem Rasen

Wenn eine ehemalige Vorzugsschülerin des Sacre Coeur Pressbaum zum Mikrofon greift, wird es still im Medienzentrum von Rio. Delia Fischer, 38, ist die Sprecherin der FIFA. Als solche hat die Österreicherin auf gute Außendarstellung von Präsident Joseph Blatter und seinem Weltfußballverband zu achten. Eine zuweilen unlösbare Aufgabe. Zumal sich Ungereimtheit an Ungereimtheit reiht.

Aktuell wird Nigeria, verkündet von Fischer, mit dem Ausschluss gedroht, wurde doch der nigerianische Fußball-Präsident Aminu Maigari als Reaktion auf Nigerias WM-Out nach der Heimkehr ins Gefängnis gesteckt.

Die FIFA verbietet sich – zu Recht – jegliche politische Einmischung von außen. Im Fall der Ticket-Affäre aber muss sie intern aufräumen. FIFA-Vizepräsident Julio Grondona, ein 82-jähriger Argentinier, und dessen Sohn werden verdächtigt, mit der Ticket-Mafia gepackelt zu haben. Bis zu 11.000 Euro wurden für eine VIP-Karte auf dem Schwarzmarkt angeblich geboten und auch bezahlt.

FIFA-Präsident Blatter lässt ausrichten: er wisse von nichts.

Bei einem Kartenspiel anderer Art bedarf es keiner Mitwisserei, sondern nur eines fachmännischen Auges. Selbst Blatter wird gesehen haben: Dass es bei BrasilienKolumbien mit 54 Fouls den bisherigen Rekord und dennoch nur vier Gelbe Karten gab, kann kein Irrtum der Statistiker, sondern nur Versagen des spanischen Schiedsrichters gewesen sein. Und das, obwohl Señor Velasco Carballo Profi-Referee ist. Also einer, den hauptamtlich das ganze Jahr über die Pfeiferei beschäftigt und der wissen müsste, dass zu viel Toleranz in den Anfangsphasen eines Spieles Wad’lbeißer zur Schnalzerei erst so richtig ermuntert.

Folge: Brasiliens Superstar Neymar erlitt einen Wirbelbruch. Der kolumbianische Rambo Zúñiga, dem Neymar diese Verletzung verdankt, wurde nicht einmal verwarnt.

Neymar heulte vor Schmerz, Kolumbiens sechsfacher WM-Torschütze James Rodríguez kurz darauf aus Frust. Zum Weinen, dass für die beiden Ausnahmekönner die WM zu Ende ist.

Die Brasilianer David Luiz und Thiago Silva trösteten ihren Gegenspieler noch minutenlang, obwohl sie ihn zuvor wie ein Schnitzel abgeklopft hatten. Eine sympathische Geste. Andererseits lässt es sich als Sieger leicht Trostspender spielen. Mit Luiz und Thiago Silva erzielten zwei Innenverteidiger die Tore. Zwei Stunden zuvor hatte schon ihr deutscher Berufskollege Mats Hummels getroffen. Das ist kein Zufall. Zumal immer mehr Tore Standardsituationen entspringen. Dann, wenn sprungkräftige Abwehrhünen mit in den gegnerischen Strafraum dürfen.

Bei Medien und Publikum genießen Innenverteidiger keinen hohen Stellenwert. Bei Trainern aber haben sie (auch in Österreich) meist die besten Karten. Weil Innenverteidiger hinsichtlich Fleiß und Fitness die Vorzugsschüler sind.

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