Tagebuch: Leidenschaft in Rot-Weiß-Rot
Nicht Brasilien war am frühen Samstagabend in Deutschland das zentrale Fußball-Thema. Die ARD-Sportschau begann vor der Auslosung der WM-Qualifikation mit einer Liveschaltung zu ... einem Wiener. Zu Peter Pacult. Red Bull, pardon, RasenBallsport Leipzig, gelang eine Cup-Sensation. Die VW-Elf Wolfsburg erlitt gegen die Secondhand-Profis vom sächsischen Viertligisten einen Kolbenreiber. 2:3 und tschüss. Der von Rapid gefeuerte Pacult, den sein nunmehriger Arbeitgeber Dietrich Mateschitz gern seinen Lieblingsmundl nennt, hat auf Anhieb erreicht, was frühestens in zwei, drei Jahren realistisch schien. Dass nämlich wegen Fußballs über Red Bull mehr geredet wurde in Deutschland als wegen Sebastian Vettel. Wie Pacults No Names Vollgas gaben, löste selbst unter Skeptikern Staunen und beim neutralen Sky-Kommentator Begeisterung aus. Vergessen war, dass der Einstieg des Dosen-Imperiums in ostdeutschen Fußballkreisen als unerwünscht gilt, ja dass einige Klubs sich sogar weigern, gegen RB Testspiele auszutragen. Die Rasenballer der Leipziger Bullen-Dependance treten in den gleichen Trikots (weiße Leibchen, rote Hosen) an wie die Salzburger. Doch Freitag war der optische Unterschied gewaltig. Und der Fußball-Laie Mateschitz wird sich nicht zu Unrecht fragen, warum es Pacult nach einer nur vierwöchigen Vorbereitung gelang, seine neue Truppe mit einer Leidenschaft rennen, kämpfen und grätschen zu lassen, wie er, Mateschitz, sie in Salzburg unter den Startrainern Huub Stevens und Giovanni Trapattoni viel zu selten gesehen hatte. Zugegeben: Wenn die Leipziger zehn Mal gegen Wolfsburg antreten, werden sie acht Mal verlieren. Aber dank des Modus in Cup (ein Spiel) und Europacup (zwei Spiele) haben tüchtige Kleine stets eine kleine Chance. Auch nach WM-Auslosungen ist das Gejammer über "unlösbare Aufgaben" nur Schutzbehauptung. Und damit überflüssig.
Kommentare