Kurzsichtig

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Peter Stöger sah (speziell bei Flutlicht) schlecht. Und spielte trotzdem gut.

von Wolfgang Winheim

über Sehschwäche im Sport

Der ORF war ihm suspekt. Wenn sich ein Mikrofonträger näherte, hatte Bode Miller oft rot gesehen. Mit 36 wurde er kooperativer. Dafür sieht er schlecht. Der Amerikaner verriet nach seiner Abfahrtsniederlage (Platz acht), dass er nur noch bei Sonnenschein zu den Favoriten zähle, und übt Selbstkritik.

Er habe es verabsäumt, sich die Augen lasern zu lassen. Das sei im wahrste Sinne des Wortes kurzsichtig gewesen. Zumal überdies einer von Millers Sponsoren aus dem Bereich der Lasik-Augenchirurgie kommt.

Noch aber hat der vielseitige Miller in zwei Bewerben (Kombi, Super-G) große Chancen auf Gold. Noch müssen keine Parallelen gezogen werden zwischen dem grenzgenialen Amerikaner und Karl Schranz, der auch überall gewonnen hatte, nur bei Olympia nicht. Und der erst jetzt mit 75 die olympische Welt in Sotschi durch die rosarote Brille sieht. Obwohl der Herrl Karl vom Arlberg immer noch keine benötigt.

Zu Schranz’ aktiven Zeiten hatte es unter von Vorurteilen geprägten Trainerfeldwebeln (speziell im Fußball) noch geheißen: "Mein letzter Wille: a Spurtler mit Brille."

Das Bildschirm-Zeitalter zwang zum Umdenken. Waren’s in den 70er-Jahren nur ein paar G’studierte, die sich klammheimlich Haftschalen aufs gereizte Auge drückten, so liefen bei der WM 1990 bereits die halben Nationalteams von Deutschland und Österreich (Manfred Zsak, Franz Wohlfahrt, Peter Schöttel usw.) mit unsichtbaren Sehbehelfen ein. Um die rankten sich davor und danach groteske G’schichterln.

So suchte bei einem Ländermatch in Wien Paul Breitners Teamkollegen dessen fingernagelkleines Plastikding, das angeblich Hans Krankl in den Prater-Rasen getreten hatte.

So verschwieg Alfred Hörtnagl vor einem (verlorenen) Ländermatch in Oslo aus Angst vor einer Nichtnominierung Teamchef Josef Hickersberger, dass er die Linsen vergessen hatte.

Und so musste Roland Linz beim WM-Qualifikationsmatch gegen England, nachdem ihm die Linsen verrutscht waren, vorübergehend vom Feld des Old-Trafford-Stadions in Manchester.

Peter Stöger indes verzichtete auf Kontaktlinsen. Er sah (speziell bei Flutlicht) schlecht. Und spielte trotzdem gut. Ähnliches traf mehr als ein Jahrzehnt später auf Marcel Hirscher zu.

Erst nach der Ski-WM in Schladming entschloss sich der Slalom-Weltmeister, seine Kurzsichtigkeit mittels Laser-OP beheben zu lassen. So wie das als erster Skirennläufer 1992, als diese OP noch als Risiko galt, Marc Girardelli in Mailand gewagt hatte. Mittlerweile sind seinem Beispiel Deutschlands alpine Gold-Marie (Höfl-Riesch) und Lindsey Vonn ebenso gefolgt wie Rainer Schönfelder, Kilian Albrecht (coacht in Sotschi Hubertus von Hohenlohe) und als Letzter Georg Streitberger.

Thomas Morgenstern, Gregor Schlierenzauer, Thomas Diethart und Daniela Iraschko-Stolz benötigen weder Kontaktlinsen, Brille noch OP: Adler verfügen über Adleraugen.

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